Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 248

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Erst wenn man die österreichische Staatsbürgerschaft nicht hat und in unserem Land lebt und arbeitet, wird einem dieser Mangel so richtig bewußt. Wir als Mandatare sind immer wieder in Gesprächen mit Bürgern befaßt, die die österreichische Staatsbürgerschaft als sehr wertvolles Gut ansehen und sie erwerben möchten. Der Gesetzgeber hat schon in der Vergangenheit – wenn auch nicht in ausreichendem Maße, aber meiner Meinung nach doch restriktiv – den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft geregelt.

Auch mit dieser Novelle bleibt das Grundmaß von 30 respektive 15 Jahren – in bestimmten Fällen – an Wartezeit aufrecht, die man erreichen muß, um einen Rechtsanspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft zu haben. Ich sagte schon: Die Regelung war restriktiv, aber doch nicht in dem Maße, wie es heute erforderlich ist. Es gab in der Vergangenheit eine Fülle von Fällen, in denen die österreichische Staatsbürgerschaft, ich möchte sagen, beinahe im Vorbeigehen legal erworben werden konnte.

Eine dieser Möglichkeiten, die sehr häufig praktiziert wurde, war, daß man einen österreichischen Staatsbürger heiratete und damit relativ leicht die begehrte Staatsbürgerschaft erreichen konnte. Typische Scheinehen eines österreichischen Staatsbürgers mit einem fremden Partner – aber das wurde, wie gesagt, schon früher abgestellt – sahen so aus, daß sich die Ehepartner erst am Standesamt kennengelernt haben und beim Verlassen des Standesamtes wieder völlig getrennte Wege gegangen sind, ganz zu schweigen von der Aufnahme eines gemeinsamen Wohnsitzes. Das wurde richtigerweise vom Gesetzgeber abgestellt.

Ich kenne auch aus eigenem Erleben Zeitungsinserate, in denen eine österreichische Ehe angeboten wurde, einfach mit dem im Hintergrund stehenden Zweck, daß man für einen Betrag von etwa 20 000 S – offenbar ein Wertmaßstab für die österreichische Staatsbürgerschaft – eine Ehe einging mit einem Partner, der die österreichische Staatsbürgerschaft in der Folge erwerben wollte.

Eine weitere Mißbrauchsmöglichkeit – und wir haben das auch in der Ausschußsitzung sehr intensiv debattiert – wird mit dieser Novelle jetzt abgestellt werden, die, so haben uns die zuständigen Beamten berichtet, zunehmend stärker genutzt worden ist: Ehepartner, die eingewandert sind, ließen sich scheiden, sind dann eine Ehe mit einem österreichischen Ehepartner eingegangen, um in der Folge wieder den ursprünglichen Ehepartner zu heiraten und somit die österreichische Staatsbürgerschaft relativ einfach zu erlangen. Das ist ein ganz konkreter Punkt in dieser Novelle, mit dem Mißbrauchsmöglichkeiten hintangestellt werden.

Eine bekannte Forderung der ÖVP-Fraktion – ich möchte sagen, eine schon seit langem gestellte Forderung meiner Fraktion – hat auch Eingang in diese Novelle gefunden, nämlich daß zumindest Grundkenntnisse unserer deutschen Muttersprache verlangt werden. Wenn auch der Kollege von der FPÖ, Dr. Bösch, hier gemeint hat, daß das nicht ausreichend abgeprüft wird, so ist es, glaube ich, doch wichtig, daß erstmals diese Forderung, daß Grundkenntnisse unserer deutschen Muttersprache zur Erreichung der österreichischen Staatsbürgerschaft verlangt werden, durchgebracht wurde und daß das jetzt erstmals auch gesetzlich geregelt ist. (Bundesrätin Mühlwerth: Sie geben sich immer mit dem Minimum zufrieden!)

Nun, man kann da selbstverständlich unterschiedlicher Meinung sein, Frau Kollegin Mühlwerth, aber wenn Sie mir vorwerfen, daß ich mich mit dem Minimum zufriedengebe, muß ich schon sagen: Die FPÖ hätte da durchaus konstruktivere Beiträge liefern können. Wir sind zu einem Ergebnis gekommen, das diesem Grunderfordernis Rechnung trägt. Ich bin sicher, daß das auch noch ausbaufähig ist. Wenn Sie sich umschauen: In einigen europäischen Ländern werden ebenfalls – wie bei uns jetzt mit dieser Novelle – Kenntnisse der Landessprache verlangt. Und das ist meines Erachtens der richtige Weg.

Ein sehr konstruktiver Vorschlag, um dessen Umsetzung sich unsere Frau Bundesministerin Gehrer sehr bemüht, ist, daß Volksschulkinder verstärkt andere Sprachen lernen sollen. Ich glaube also, daß es auch beim Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache geben sollte.


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