Bundesrat Stenographisches Protokoll 644. Sitzung / Seite 63

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

zwar einmal zugegeben, daß es mehr als eine Variante gäbe. Mit Herrn Oismüller ist aber nie gesprochen worden, und er ist auch nie zu einem Gespräch eingeladen worden. Man hat sich nur auf den reinen Tunnelbau konzentriert.

1997 war man dann mit den Kosten bei 9 Milliarden Schilling. Parallele dazu: Beim Semmeringtunnel hat man auch gesagt, er werde 3 Milliarden Schilling kosten. Da ist man mittlerweile schon bei 10 Milliarden Schilling. So ist es auch beim Lainzer Tunnel. Fertiggestellt werden kann er auch nicht mehr in einer "relativ kurzen Zeit", sondern es dauert schon wesentlich länger; er soll in etwa im Jahre 2005 fertig sein. – Soweit, so schlecht.

Wie ernst man Bürgerbeteiligung nimmt, kann man auch daran ersehen, wie vorgegangen wurde, als die Pläne endlich da waren. Man hat sie nicht in den Bezirksämtern der Bezirke 13, 14 und auch 12 aufgelegt, sodaß der Bürger zum Bezirksamt pilgern und dort Einsicht nehmen kann, sondern man hat das Ganze in einer Art Bosheitsakt in den 20. Bezirk verlegt, und die Einsichtnahme – sehr bürgerfreundlich – war von Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr möglich. Jeder kann sich ungefähr ausrechnen, wie viele Bürger die Möglichkeit hatten, dort hinzugehen, denn in der Zeit von 9 bis 12 Uhr arbeiten die meisten, und es ist in Zeiten einer so hohen Arbeitslosigkeit – vor allem in Wien, wo sie am höchsten von ganz Österreich ist – sehr schwierig zu sagen, ich nehme mir jetzt ein bis zwei Stunden frei, um mir diese Pläne anzusehen.

Aber wir kennen das ja: Sonntagsreden, Papier ist geduldig. Vizebürgermeister Görg hat jetzt erst in der neuesten Ausgabe von "Unser Wien" gesagt, man müsse darauf achten, daß bei allen Verfahren die Bürger entsprechend einbezogen werden. Aber wir wissen, Papier ist geduldig, und geschehen tut nichts.

Darüber hinaus werden die Bedenken, so sich Bürger überhaupt irgendwo artikulieren können – meistens müssen sie das dann schriftlich machen –, beiseite gewischt. Das betrifft aber nicht nur die Einwendungen der Bürger, nein, auch jene von Magistratsabteilungen werden einfach beiseite geschoben. Denn schon am 26. März 1990 sagte die MA 68 – das ist die Magistratsabteilung für Feuerwehr und Katastrophenschutz –, daß sie diese Planung, in der es um die Darlegung der Trassenführung geht, vorgestellt bekommen hat, und sie führt hiezu folgendes aus: "Nach Ansicht der MA 68 ist eine Gleisführung in einer einzigen Tunnelröhre", wie es ja vorgesehen ist, "vom sicherheitstechnischen Standpunkt aus nicht vertretbar." – Sie hält dies vor allem deshalb nicht für vertretbar, weil nicht nur Personenzüge durch diesen Tunnel geleitet werden sollen, sondern auch Güterzüge.

Dazu die MA 68: "In Tunnels derartiger Länge ist es für Rettungsmannschaften praktisch unmöglich, im Falle eines Unglücks mit Brand oder Schadstoffaustritt in vertretbarer Zeit an die Unglücksstelle heranzukommen."

Wenn man sich im Vergleich dazu die Wiener U-Bahn anschaut, die keine gefährlichen Güter transportiert, so ist diese im wesentlichen zu 99 Prozent in zwei Tunnelröhren geführt.

Aber auch die Meinung der MA 68 ist nicht berücksichtigt worden.

Noch spannender wird es, wenn man bedenkt, daß der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr und auch die HL-AG von sich aus bei einer Zürcher Firma, der Firma Basler und Partner, ein Sicherheitsgutachten in Auftrag gegeben haben, und zwar vor vier Jahren.

Auch die Firma Basler kommt in ihrem Gutachten zu der Ansicht, daß ein einröhriger Tunnel sicherheitstechnisch nicht vertreten werden kann, sondern daß es in diesem Fall für jede Richtung ein Tunnelsystem geben muß. Auch dieses Gutachten, vom Minister in Auftrag gegeben, ist nicht berücksichtigt, sondern noch dazu mit einem Stempel versehen worden: "überholt". – Man fragt sich unwillkürlich: Was kann an einem Sicherheitssystem überholt sein?

Wir dürfen nämlich nicht vergessen: Dieser Tunnel führt in wesentlichen Abschnitten an dichtbevölkertem Wohngebiet vorbei. In den Plänen ist aber derzeit noch nicht einmal ein Be- und Ent


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite