Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 82

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und in der Folge den Menschen helfen, in einem möglichst unkomplizierten und vor allem kostenfreien Verfahren zu ihrem Recht im Zuge österreichischen Verwaltungshandelns zu kommen. In der Zwischenzeit – und 21 Jahre sind eine lange Zeit! – hat sich aber herausgestellt, daß auch andere Tätigkeiten der Volksanwaltschaft gefragt sind. Der französische Kollege trägt die Dienstbezeichnung "médiateur", und ich meine, daß auch wir in zunehmendem Maße Mediation leisten. Dabei verstehe ich "Mediation" nicht nur als Modewort, sondern bin überzeugt davon, daß das, was derzeit an Mediation an österreichischen Gerichten zum Beispiel bei Streitigkeiten im Familienrecht angeboten wird, wirklich Hand und Fuß und eine Berechtigung hat. Daher meine ich, daß wir auch die Möglichkeiten, die sich dadurch bieten, daß sich die Volksanwaltschaft auch als eine mediative Einrichtung versteht, nützen sollten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir üben nicht Kritik um der Kritik willen, und die Menschen, die zu uns kommen, sind oftmals auch damit zufrieden, wenn sie von der Volksanwaltschaft noch einmal die Bestätigung bekommen, daß ein bestimmtes Verwaltungshandeln korrekt war. Wenn Sie sich die diesbezüglichen Zahlen, die in einer Statistik in unserem Bericht auf Seite 15 angeführt sind, noch einmal anschauen, dann werden Sie sehen, daß im Jahr 1997 bei einem Gesamtaufkommen von 4 668 Erledigungen nur – das darf ich wohl sagen – 697 mit der Feststellung, daß die Beschwerde berechtigt ist, mit Mißstandsfeststellung oder mit Empfehlung entschieden worden sind. Das ist zwar ein beachtlicher Teil, und diesen Menschen konnten wir im Zusammenhang mit ihrer berechtigten Beschwerde auch helfen, den anderen 2 251 haben wir aber lediglich gesagt: Liebe Bürgerin, lieber Bürger, Sie meinen zwar, Anlaß zu einer Beschwerde zu haben, die Entscheidung, die gefällt wurde, ist aber zu Recht. Und damit sind die Menschen in der Regel zufrieden, wenn auch nicht alle, denn es ist ganz klar und menschlich verständlich, daß jemand, der sich mit einer Beschwerde an eine Stelle wendet und sich subjektiv beschwert fühlt, eigentlich erwartet, daß ihm auch objektiv eine Beschwerdeberechtigung zuerkannt wird. Bei der Art von Vermittlung, die wir zwischen den Bürgern und dem demokratischen Staat Österreich mit all seinen Einrichtungen zu leisten versuchen, sagen uns aber doch immerhin eine erkleckliche Anzahl von Menschen im persönlichen Gespräch: Wenn Sie, Frau oder Herr Volksanwalt, das so sehen und so beurteilen, dann wird es schon seine Richtigkeit haben, dann sind wir damit zufrieden.

Lassen Sie mich, ohne die Zeit über Gebühr auszudehnen, in diesem Zusammenhang noch kurz auf die Frage der regionalen Tätigkeit der Volksanwaltschaft eingehen. Einige Damen und Herren haben angemerkt, daß es ein Ost-West-Gefälle betreffend die Inanspruchnahme der Volksanwälte gebe. Wenn wir allerdings das Faktum berücksichtigen, daß Vorarlberg nur die Zahl der Beschwerden gegen die Bundesverwaltung ausweist, und das entsprechend hochrechnen, dann kann man sagen, daß die Zahl der Beschwerden ungefähr gleich hoch wäre wie im Burgenland. Ich betone das auch deshalb, weil wir uns bemühen, die Distanz zwischen dem zentralen Arbeitsort der Volksanwälte in Wien und den Bundesländern auszugleichen. Wir haben in den letzten Jahren unsere Sprechtagstätigkeit in den Bundesländern stark ausgeweitet, wir sind nicht mehr nur in die Landeshauptstädte und in die Bezirksvororte gegangen, sondern wir kommen auch in regionale Zentren und bieten auch dort verstärkt die Möglichkeit des persönlichen Gesprächs der Bürgerin und des Bürgers mit dem Volksanwalt und der Volksanwältin an.

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß wir gerade folgende Aufgabe wahrnehmen: Wir würden uns wünschen, daß Sie als Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaft dieses Landes das auch wirklich so annehmen, wie wir es sehen, nämlich daß wir eine Art Hörrohr und Verstärker für die Anliegen der Menschen sind, die sich nicht trauen, sich direkt an ihre Mandatarin oder ihren Mandatar zu wenden. Ich weiß schon, daß natürlich auch diese Möglichkeit jedem offensteht, aber offenbar ist im Laufe der Geschichte der Volksanwaltschaft das Vertrauen, das dieser entgegengebracht wird, sehr groß geworden; das ehrt und freut uns natürlich. Die Menschen kommen daher mit ihren persönlichsten Anliegen und erwarten offensichtlich von uns, daß wir, wenn wir Systemschwächen feststellen, die gesetzgebenden Körperschaften in unserem Land, denen wir berichtspflichtig sind, davon in Kenntnis setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne möchten wir auch die Kritik, die in unseren Berichten aufscheint, verstanden wissen. Unserer Meinung nach kann jemand, der eine


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