Bundesrat Stenographisches Protokoll 645. Sitzung / Seite 87

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Drochter: Auch bei der Parteiführung der Freiheitlichen geht es um Steuergelder!) Hier geht es darum, daß Geld verschwendet wird für Dinge wie Poloshirts mit Olympiaaufdruck um 375 000 S. Ich möchte einmal wissen, wie viele davon überhaupt hergestellt werden.

Für Binkerle, Gastgeschenke für Journalisten, werden 150 000 S ausgegeben, was "nicht viel" ist an einem Wochenende! Ich meine, für die paar tausend Journalisten, die anreisen, ist das wirklich nicht zuviel verlangt. Die Bewirtung der Journalisten insgesamt ist auch ganz "günstig", sie kostet "nur" 2 288 000 S. (Zwischenruf des Bundesrates Drochter. ) Das ist aber schon interessant, Herr Kollege Drochter, weil es zum Beispiel Ihre Gewerkschaftsmitglieder sicher auch interessieren würde, wofür dort das Geld der Steuerzahler ausgegeben wird. Vielleicht teilen Sie ihnen das einmal mit. Die Getränke für die durstigen Herren in drei Tagen kosten uns 600 000 S und die Snacks, die außerhalb der schönen Diners und Tagungsessen stattfinden, noch einmal 300 000 S. So geht das weiter, bis hin zu einer Lichtskulptur um 250 000 S, damit man die sozialistischen Regierungschefs auch in einem schönen Licht erstrahlen lassen kann.

Für die Steuerzahler, die Mitglieder des ÖGB und andere in diesem Lande stellt sich natürlich sehr wohl die Frage, wofür wir zahlen, und wofür wird dieses Geld ausgegeben wird! Besonders angesichts dessen, was Herr Vizekanzler und Außenminister Schüssel, der Ratspräsident – darüber gab es schon im Vorfeld eine große Diskussion, es war eine der wichtigsten Diskussionen, die geführt wurden, nämlich ob der Herr Bundeskanzler oder der Herr Vizekanzler Ratspräsident sei –, gesagt hat: Ich bin nicht besonders glücklich über den von Klima einberufenen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs. Das Ganze, sagt der Herr Außenminister, ist eigentlich nicht mehr als die Fortsetzung eines Mittagessens.

Meine Damen und Herren! Mit Verlaub gesagt, für die Fortsetzung eines Mittagessens finde ich 50 Millionen Schilling reichlich happig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner, die auch für sich in Anspruch nimmt, eine große Europäerin zu sein, erklärt, daß schon viel über Subsidiarität und Bürgernähe geredet und auch beschlossen wurde. Es müßte nur umgesetzt werden, ist die gute Idee von Frau Ferrero-Waldner. Und, so sagt sie, in Pörtschach kann nicht sehr viel Konkretes herauskommen; beschlossen wird jedenfalls nichts.

Auch im Ausland wird der Gipfel von Pörtschach durchaus kritisch gesehen. Die sehr renommierte und angesehene Zeitung "Financial Times" schrieb vor wenigen Tagen: Die beste Lösung wäre, den Gipfel von Pörtschach abzusagen, denn mit substantiellen Fortschritten für die Europäische Union kann nicht gerechnet werden. Die Regierungschefs werden sich selbst und die Europäische Union lächerlich machen. – Und die Landeshauptleute Schausberger und Pröll haben den Verdacht geäußert, daß das ursprünglich geplante Thema, nämlich Subsidiarität und Bürgernähe, kaum abgehandelt werden wird. Und mit dieser Befürchtung haben sie auch völlig recht.

Symbolisch – besonders wenn man an das Wort "Bürgernähe" denkt – ist auch, wo dieser Gipfel stattfindet, nämlich auf einer hermetisch abgeriegelten Halbinsel in Pörtschach am Wörthersee, vom See her durch Taucher geschützt. Kein Bürger kommt auch nur auf Sichtweite an dieses Ereignis heran! Ich habe der heutigen Zeitung sogar entnommen, daß die Bürger von Pörtschach nicht einmal die Sonntagsmesse in der Pfarrkirche von Pörtschach besuchen werden können. Für die Sonntagsmesse braucht man nämlich eine Akkreditierung, weil zu dieser Sonntagsmesse Premierminister Blair von Großbritannien erwartet wird. Die Sonntagsmesse wird an diesem Sonntag also einmal nicht für alle Christen gehalten (Bundesrätin Schicker: Was haben Sie gegen Pörtschach?! – Bundesrat Pfeifer: Was haben Sie gegen Kärnten?! Was haben Sie gegen Pörtschach?!), lieber Kollege aus Kärnten, sondern nur für diejenigen, die einen Akkreditierungsausweis für die Kirche vorweisen können. (Bundesrat Konecny: Wenn Haider teilnehmen darf, sind wir dann wieder gut?!)

Die Bürger nehmen jedenfalls nicht an diesem Gipfel teil. Aber es ist wichtig, daß Herr Santer teilnimmt. Das ist der Chef. Herr Santer darf an diesem Gipfel teilnehmen – der Präsident der Kommission, der Chef jener Behörde, die geradezu das Sinnbild für die Bürokratie in Europa


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