Es geht dabei nicht um eine Veränderung des Primärrechts der Union – dies ist, wie wir alle wissen, bei einem informellen Treffen auch nicht möglich, sondern erfordert eine Regierungskonferenz und normalerweise die Ratifikation der nationalen Parlamente.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch folgendes klarstellen: Der Europäische Rat von Cardiff hat hervorgehoben, daß der Ratifikation des Amsterdamer Vertrages die erste Priorität eingeräumt wird. Der Europäische Rat ist deshalb in Cardiff übereingekommen, die im Amsterdamer Vertrag nicht gelösten institutionellen Fragen frühzeitig, aber erst im Anschluß an die Ratifikation des Vertrages in Angriff zu nehmen. Die österreichische Präsidentschaft hat bei der Planung des informellen Treffens von diesen Vorgaben des Rates von Cardiff auszugehen.
Wir haben jedoch durch den Vertrag von Amsterdam gerade in den Bereichen demokratische Legitimation und Subsidiarität wesentliche Fortschritte erzielt. Ich nenne nur hinsichtlich der Legitimation zum einen die wesentliche Ausweitung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments (Bundesrat Dr. Tremmel: Die Einschränkung!) und die Anerkennung der Rolle der nationalen Parlamente, zum anderen haben wir im Amsterdamer Vertrag auch ein Subsidiaritätsprotokoll verankert. Nun geht es darum, diese Vorgaben und Potentiale auch umzusetzen, damit sie sich in der konkreten Unionspolitik effektiv niederschlagen.
Zudem wird es aber auch notwendig sein, die Arbeitsmethoden aufgrund der bisherigen Erfahrungen zu optimieren. Um die Debatte in Pörtschach zu fokussieren und bestmöglich nützen zu können, hat der Herr Bundeskanzler in den letzten zwei Wochen im Rahmen der erwähnten "Tour de Capital" bilaterale Gespräche mit allen Staats- und Regierungschefs und dem Präsidenten der Europäischen Kommission geführt. Dies beweist auch das Engagement, mit dem die österreichische Präsidentschaft an dieses Treffen herangeht, um die Vorgaben des Europäischen Rates von Cardiff so konkret und effizient wie nur möglich umzusetzen.
Ich möchte aber nochmals den informellen Charakter des Treffens von Pörtschach betonen. Dies bedeutet, daß aufgrund der Usance informeller Treffen – wie bereits im Herbst 1995 in Formentor – keine formellen Beschlüsse gefaßt und keine schriftlichen Schlußfolgerungen vorgelegt werden können. Gerade diese Informalität soll jedoch jene Arbeitsbedingungen schaffen, die notwendig sind, um über die politische Routine des Alltags hinausgehende grundlegende Perspektiven zu skizzieren und vorzuzeichnen.
Der Erfolg von Pörtschach wird sich allerdings nur mittelfristig zeigen, wenn die in Pörtschach eingeleiteten Weichenstellungen für eine bürgerorientierte künftige Union in den nächsten Jahren Schritt für Schritt umgesetzt werden. Deshalb lohnt sich das Engagement der österreichischen Präsidentschaft für das informelle Treffen in Pörtschach. Es ist eine mittelfristige Investition in die Zukunft Europas und damit auch eine Investition in die Zukunft Österreichs.
Zu Ihrer Frage 10 nach der Behandlung der EU-Erweiterung:
Im Zusammenhang mit der Debatte über die großen politischen Herausforderungen der Zukunft Europas kann auch der Erweiterungsprozeß in eine Erörterung der grundlegenden Perspektiven einbezogen werden. Es ist jedoch nicht beabsichtigt, die konkreten Fragen des Beitrittsprozesses und der Situation der Beitrittskandidaten in Pörtschach im Detail zu besprechen, weil nämlich der Europäische Rat von Luxemburg letztes Jahr eine Struktur für diesen Prozeß bereits vorgezeichnet hat. Demnach soll die Europäische Kommission jährliche Fortschrittsberichte vorlegen. Ein solcher Bericht wird erstmals Anfang November vorgelegt werden. Eine Erörterung dieser Berichte wird sodann Gegenstand des Europäischen Rates von Wien sein.
Schließlich möchte ich noch auf Ihre letzten Fragen eingehen, auf die Fragen 12 und 13.
Die Staats- und Regierungschefs haben beim Europäischen Rat in Cardiff bewußt die Abhaltung eines derartigen informellen Treffens beschlossen. Hinsichtlich des Formats und des Ablaufs hat man sich hiebei an dem bereits erwähnten Treffen von Formentor orientiert. Dabei wird es konkrete Arbeitssitzungen, ein Arbeitsabendessen und diverse informelle Gesprächsrunden geben, wie es eben dem Charakter eines derartigen Treffens entspricht. Eine konkrete Gesamtarbeitszeit läßt sich bei weitem nicht festlegen, aber ich kann Ihnen versichern, daß es in jedem
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