Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 75

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

13.26

Bundesrat Horst Freiberger (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident Gerstl als – das sage ich jetzt einmal so – "Tabaktrafikenpapst" hat das Thema natürlich so umfassend behandelt, daß es sicherlich zu einigen Wiederholungen kommen wird, denn ich habe mich auf dieses Thema auch vorbereitet. Aber ich glaube, es ist wichtig genug, um es möglicherweise auch zweimal zu hören.

Meine Damen und Herren! Die Änderung des Tabakmonopolgesetzes 1996 und des Tabaksteuergesetzes 1995 wurde deswegen notwendig, weil von der Europäischen Kommission rechtliche Bedenken angemeldet wurden. Mit dieser Änderung wollen wir ein etwaiges Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof vermeiden. Dies alleine wäre noch nicht sehr weltbewegend, da man diesem Ansinnen leicht Rechnung tragen kann. Ich habe mich jedoch deshalb zu Wort gemeldet, weil ich es für notwendig erachte, speziell auf die wichtige Aufgabe des Tabakmonopolgesetzes als soziale Maßnahme für behinderte Menschen hinzuweisen.

Einleitend möchte ich noch festhalten, daß Österreich absolut nicht das einzige Land ist, in dem es ein Einzelhandelsmonopol für Tabakwaren gibt. Ähnliche Strukturen innerhalb der EU gibt es noch in Frankreich, Italien und Spanien. Ein Land habe ich noch gefunden, das Präsident Gerstl in seiner Aufzählung ausgelassen hat, denn auch in Portugal gibt es ähnliche Strukturen innerhalb der Europäischen Union. Auch in diesen Ländern wird so wie in Österreich das Einzelhandelsmonopol für Tabakwaren aufrechterhalten und auch für sinnvoll erachtet. (Präsident Gerstl übernimmt den Vorsitz.)

Es ist insbesondere im Sinne des Staates, daß die Handelswege der Zigaretten kontrolliert werden, weil in diesem Zusammenhang auch gesundheitspolitische Erwägungen eine Rolle spielen. Denken wir nur an die Jugendschutzbestimmungen! Durch diese Struktur bleiben die Vertriebswege für den Staat überschaubar.

Meine Damen und Herren! Viel wichtiger ist jedoch, zu erwähnen, daß in Österreich das Tabakmonopolgesetz auch als Sozialgesetz anzusehen ist. Bei der Vergabe von Tabakfachgeschäften hat die Monopolverwaltung beziehungsweise die Besetzungskommission jene Bewerber bevorzugt zu behandeln, die entweder begünstigte Behinderte im Sinne des § 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes sind oder die nach dem Heeresversorgungsgesetz oder nach dem Opferfürsorgegesetz vorzugsberechtigt sind. Dies bedeutet in der Praxis, daß von den rund 3 200 Tabakfachgeschäften derzeit 1 040 – das sind bereits über 32 Prozent – von bevorzugten Personen betrieben werden.

Diese Zahl ist in den letzten Jahren erfreulicherweise immer wieder gestiegen. Beispielsweise betrug der Anteil dieser begünstigten Personen vor zehn Jahren lediglich 25 Prozent. Pro Jahr wird etwa an 80 bis 90 Personen, die sonst meist auf eine Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen wären, das Recht, Tabaktrafiken zu betreiben, vergeben. Weitere 1 652 Tabakfachgeschäfte oder rund 52 Prozent werden von Angehörigen solcher Personen geführt, die nach den Bestimmungen des Tabakmonopolgesetzes ebenfalls ein Vorzugsrecht haben. Somit sind fast 85 Prozent aller Tabakfachgeschäfte im Besitz von bevorzugten Personen. Dies wird durch dieses Gesetz ermöglicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund der schwierigen Arbeitsmarktsituation haben gerade jetzt Personen mit einer Behinderung wenig Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Wenn man darüber hinaus bedenkt, welche Sozialleistungen der Staat im Falle einer Arbeitslosigkeit an diesen Personenkreis bezahlen müßte, so sieht man einen weiteren Vorteil des Einzelhandelsmonopols für Tabakwaren in Österreich – ganz abgesehen davon, was es für jemanden persönlich bedeutet, sich eine eigene Existenz zu schaffen und in die Arbeitswelt integriert zu sein.

Hohes Haus! Ein zusätzliches Augenmerk, das für die Bestimmungen des Einzelhandelsmonopols für Tabakwaren spricht, möchte ich nicht unerwähnt lassen. Es gibt zu den über 3 200 Tabakfachgeschäften noch zirka 6 000 Tabakverkaufsstellen. Bei den Tabakverkaufsstellen handelt es sich in der Regel um Handelsbetriebe, die neben anderen Waren auch Tabakwaren


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite