Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 76

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

verkaufen. Speziell in den Landgemeinden wird durch diesen zusätzlichen Umsatz in den Handelsbetrieben häufig das Überleben dieser Nahversorger gesichert. Diese Tatsache wird von der betroffenen Bevölkerung sehr begrüßt, und so kann dieses Gesetz nur gutgeheißen werden.

Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundesratsfraktion steht zu dieser sozialen Aufgabe, und wir werden deshalb diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.30

Präsident Alfred Gerstl: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. – Bitte.

13.31

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzter Herr Vorvorredner! Meine Damen und Herren! Die Demokratie ist vielfältig, und die parlamentarische Demokratie ist noch vielfältiger. Aus jenen Gründen, die meine Vorredner bereits erwähnt haben, wird ein Teil der freiheitlichen Fraktion – ich nehme an, die Mehrheit – dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen, weil das eben einfach Zustimmung erfordert; überdies gibt es sozusagen eine Aufforderung des Gerichtshofes, einen diesbezüglichen Rechtszustand herzustellen.

Andererseits haben Vorredner Argumente gebracht, die man, was den rechtlichen Bereich betrifft, doch bedenken sollte. Es wurde hier, wie gesagt, dieses Monopol schon erwähnt. Das nun zu beschließende Gesetz wird letztendlich eine richtiggehende – so soll es auch sein – Aufweichung dieses Monopols zur Folge haben. Der erste Hinweis ist damit erfolgt, nämlich gewisse Dominanten abzubauen, und das ist durchaus richtig. Allerdings: Woher kommt es, daß solche Dominanten abgebaut werden sollen? – In diesem Zusammenhang ist wohl Frankreich zu nennen. Es war schon zu hören, daß diese Waren bei 23 000 Verkaufsstellen – de facto handelt es sich dabei um Suchtgift; ich sage das so klar, obwohl ich selbst Raucher bin beziehungsweise wieder Raucher bin; leider Gottes! – nur mehr in einem Zeitraum von 40 Stunden pro Woche abgegeben werden dürfen. Diese Abgabestellen werden beibehalten.

Ich bin da teilweise ein Zerrissener: Einerseits teile ich die sozialen Argumente, die in diesem Zusammenhang angeführt wurden – Tausende Arbeitsplätze gibt es in diesem Bereich, die aber, so ein Hinweis der Kommission, eingeschränkt werden könnten, wenn das völlig liberalisiert wird; das soll man auch bedenken, und dagegen sollte man sich zur Wehr setzen –, andererseits sollte man aber auch den gesundheitlichen Aspekt nicht außer acht lassen, der meiner Ansicht nach natürlich der wichtigste ist.

Meine Damen und Herren! Wir machen beinahe monatlich Gesetze, um den Suchtgiftbereich zurückzudrängen, um den Genuß von Suchtgiften einzuschränken. Diese "Palette" ist riesig! Allein infolge Tabakkonsums gibt es in Europa Millionen Tote, und zwar mehr als durch Verkehrsunfälle.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zu diesem Thema folgende Parabel bringen: Ein Arzt steht am Ufer eines schnellfließenden Flusses und hört die verzweifelten Schreie einer ertrinkenden Frau. Er springt ins Wasser, holt die Frau heraus und beginnt mit Mund-zu-Mund-Beatmung. Als er gerade dabei ist, sieht er wieder jemanden im Wasser treiben. Der Arzt springt also wieder ins Wasser, holt den nächsten heraus und macht wieder Mund-zu-Mund-Beatmung. Und so geht das weiter und weiter. (Bundesrat Konecny: Blöd!)

Ja, es ist blöd, Herr Kollege; es ist tatsächlich blöd, aber ich wollte damit sagen: Wir kommen nicht dazu, die Ursachen zu erforschen, warum die Menschen unseres Landes, gerade auch die Jugend, immer mehr Zuflucht zu Suchtgiften suchen. Ich meine jedenfalls, die kontrollierte Abgabe von Suchtgiften ist die einzige Möglichkeit, dieses Problem in den Griff zu bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir können hier Facettierungen sonder Zahl vornehmen, und trotzdem wird es uns nie gelingen, das Übel wirklich an der Wurzel zu packen, und deshalb, meine Damen und Herren – auch im Interesse der Gesundheit unserer Mitbürger –, können wir dieser Vorlage unsere Zustimmung


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite