Bundesrat Stenographisches Protokoll 647. Sitzung / Seite 174

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20.01

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister für Finanzen, der auf Partnersuche für seine Sparsamkeit ist! Wir werden sehen, ob er Partner findet oder ob er überhaupt Partner finden will.

Wenn ich mir diesen Stabilitätspakt anschaue, dann scheint die gemeinsame Haushaltskoordinierung vordergründig durchaus vernünftig zu sein. "Die Finanzausgleichspartner akkordieren ihre Haushalte mit dem Ziel der Einhaltung der Verpflichtungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 17. Juni 1997." Bitte merken Sie: Europäische Union! Es geht um die "mittelfristige Orientierung der Haushalte" und um die "Erstellung des Stabilitätsprogramms". – Ich zitiere: "Bei der Erstellung des Stabilitätsprogramms wird der Bundesminister für Finanzen auf die Ergebnisse der Haushaltskoordinierung Bedacht nehmen." Unter dem Punkt "Aufteilung der Sanktionslasten" scheint es vordergründig auch vernünftig zu sein, daß 2,7 Prozent des BIP auf den Bund und die verbleibenden 0,3 Prozent auf Länder und Gemeinden entfallen, wobei die Länder 0,11 Prozent, Wien 0,09 Prozent und den Rest die Gemeinden übernehmen. Das wird als Reserve dargetan. Allfällige Defizitquoten sind von den jeweiligen Ländern und Gemeinden zu tragen. – All das scheint sehr vernünftig zu sein!

Etwas leidet da aber ganz besonders: Bei den ganzen Verhandlungen über Konsultationsmechanismus und Stabilitätspakt sind eigentlich die Parlamente, der Nationalrat und die Landtage, am Rande gestanden beziehungsweise wurden überhaupt erst im nachhinein informiert.

Ich habe mir ein Protokoll aus der Steiermark kommen lassen und kann darin feststellen, daß seitens der Klubobmänner bei der diesbezüglichen Beratung abermals betont wurde, daß ein Abschluß der Vereinbarungen bis Ende dieses Jahres erfolgen müsse, widrigenfalls werde der Konsultationsmechanismus vom Bund gekündigt. – Da hat der Herr Bundesminister für Finanzen die Länder ein bisserl in die Pflicht und in die Ziehung genommen, indem er sagt: Wenn ihr Länder nicht zustimmt – Länder ist vielleicht der falsche Ausdruck, exakt geht es um die Exekutivorgane der Länder –, dann wird der Bund das Ganze fallenlassen! Die Parlamente sind da überhaupt noch nicht einbezogen, obwohl die Partner dafür in der Verfassung vorgesehen sind. Ich muß sagen, daß dieser Stabilitätspakt letztlich dazu angetan ist – ich werde das später auch noch begründen –, daß Verfassungsbestimmungen derogiert werden.

Dann kommt man zum Verteilungsschlüssel.

Ich habe seinerzeit schon gesagt – nicht nur ich, sondern noch wesentlich Maßgeblichere und bessere Informierte, die das ganze Geschehen wirklich durchschauen –, daß in diesem Zusammenhang die Parlamente an den Rand gestellt werden. Ich zitiere jetzt Präsidenten Dr. Fischer, der gesagt hat: Nach meinem Verfassungsverständnis können die Landeshauptleute mit der Bundesregierung alles ausschnapsen und ausmachen, was im Kompetenzbereich der Bundesregierung oder der Landesregierungen liegt. Wenn es aber um Themen geht, für die der Gesetzgeber die Letztverantwortung trägt, muß ich als Demokrat und Parlamentarier darauf beharren, daß das nicht über den Kopf der gesetzgebenden Körperschaften hinweg geschieht. – Das hat Fischer seinerzeit zum Konsultationsmechanismus gesagt.

Dieser Konsultationsmechanismus hat letztlich den Stabilitätspakt ausgelöst. Aber was hat den Konsultationsmechanismus ausgelöst? – Nicht nur das Wollen, die Stabilität – so wie der Herr Finanzminister da sitzt: wie ein Felsen – unserer Währung und auch "Schulden" – unter Anführungszeichen – zu gewährleisten, nein, wir müssen natürlich auch Auflagen – Konvergenzkriterien! – der EU vollziehen. Wir haben unsere Vorzugsschülerposition zu verteidigen, denn wir zahlen brav an die EU. Margaret Thatcher hat seinerzeit gesagt: "I want my money back!" (Bundesrat Mag. Gudenus: Bravo!)

Gerade jetzt hat Kollege Schröder etwa Tony Blair ein bisserl Hilfestellung gegeben, indem gesagt wurde: Wir müssen den europäischen Finanzausgleich neu ordnen. – Wir haben das immer schon gesagt. Herr Bundesminister für Finanzen! Vielleicht haben Sie das Ihren Kollegen auch gesagt. Wir müssen jetzt aber bereits zahlen! Der Bund übernimmt die Verpflichtungen und gibt sie an die Länder weiter. Die Gemeinden bekommen ein Verfassungsgesetz, und der Gemeindebund und der Städtebund dürfen dann auch beim Schuldenzahlen mitwirken.


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