Zum anderen geht es bei diesen Bemühungen darum, die Entwicklung fortzusetzen, die Straftatbestände der EU-Mitgliedstaaten schrittweise einander anzunähern. In letzter Zeit konnten hier Erfolge bei der Bekämpfung des Betruges und der Korruption erzielt werden. Unter österreichischem Vorsitz wurden wichtige Schritte in den Bereichen der Straftatbestände organisierte Kriminalität und Geldwäsche sowie hinsichtlich der Abschöpfung der Bereicherung durch Verbrechensgewinne gesetzt.
In der nächsten Zeit wird es im wesentlichen um den Schutz des Euro vor Geldfälschung, um die Bekämpfung von Betrug und Fälschung bei den modernen unbaren Zahlungsmitteln, um Kriminalität im Zusammenhang mit dem Internet – eine sehr schwierige Angelegenheit – und um strafrechtliche Maßnahmen gegen juristische Personen gehen.
Abgesehen von diesen Verbesserungen im repressiven Bereich werden wir aber auch darauf zu achten haben, daß alle Bereiche von Recht und Wirtschaft laufend dahin gehend überprüft werden, ob sie möglichst kriminalitätsfeindlich gestaltet sind, keinen Anreiz zur Begehung von strafbaren Handlungen bieten und die Gelegenheiten dafür jedenfalls vermindern. Dazu soll eine umfassende Entschließung zur Prävention, die auf Österreichs Initiative hin auf der Ratstagung der Justiz- und Innenminister im Dezember vorigen Jahres beschlossen wurde, dienen, die auch den politischen Anstoß zu fortgesetzten Bemühungen in diesem Bereich geben soll. Denn nur wenn Prävention einerseits und Repression andererseits ineinandergreifen, ist eine wirkungsvolle Bekämpfung organisierter Kriminalität, oder jedenfalls eine gewisse Zurückdrängung, möglich.
Was den anderen Bereich, die massenhaft auftretende sogenannte Alltagskriminalität anbelangt, habe ich Sie vor einem Jahr über die Arbeiten an der Strafprozeßnovelle 1998 unterrichtet. Wie Sie wissen, hat der Ministerrat diese Woche das neue Diversionskonzept als Regierungsvorlage gebilligt. In den nächsten Wochen wird sie im Parlament behandelt werden, und sie soll mit Beginn nächsten Jahres in Kraft treten. Damit wird eine dauerhafte Rechtsgrundlage für den außergerichtlichen Tatausgleich geschaffen werden, der ja ab Jänner dieses Jahres nunmehr flächendeckend über ganz Österreich im Modellversuch angewandt wird.
Darüber hinaus werden flexible, einzelfallbezogene Reaktionen auf strafbares Verhalten der unteren und in bestimmten Fällen der mittleren Kriminalitätsbereiche ermöglicht, die sowohl den Interessen der durch die Straftat verletzten Person an Schadensgutmachung und ideeller Genugtuung als auch Spezial- und Präventivbedürfnissen genügen, ohne daß ein Strafverfahren mit formeller Verurteilung des Täters durchgeführt werden muß.
Die hinsichtlich des Anwendungsbereiches gesetzte Strafobergrenze bedeutet keineswegs – das ist immer wieder ein Mißverständnis –, daß alle darunter liegenden strafbaren Handlungen tatsächlich diversionell behandelt werden. Wir haben aber bewußt von einem Enumerationssystem Abstand genommen, auch wenn bei manchen Straftatbeständen eine Diversion, wenn überhaupt, so im Hinblick auf die sonst noch notwendigen Voraussetzungen für die Anwendung diversioneller Maßnahmen, nur ganz ausnahmsweise stattfinden wird.
Dieser Meilenstein in der Strafgesetzgebung, als der die Diversion anzusehen ist, bringt vor allem auch den Opfern von strafbaren Handlungen eine neue Stellung im Verfahrensablauf. Während im traditionellen Strafverfahren der Verletzte seine Interessen, meist auch gar nicht mit dem entsprechenden Erfolg, auf eigene Gefahr und Kosten verfolgen muß, wird die Schadens-gutmachung beziehungsweise der sonstige Tatfolgenausgleich eine zentrale Voraussetzung für die diversionelle Erledigung bilden.
Durch die Neuregelungen wird nicht nur dem Verdächtigen der Anreiz geboten, den berechtigten Forderungen des Verletzten nachzukommen, sondern ganz allgemein die Bedeutung der Wiedergutmachung betont und der Verletzte mit seinen Interessen in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt. Dieser Weg der Verbesserung der Rechtsstellung des Opfers im Verfahren soll in der kommenden Legislaturperiode vor allem bei der Reform des strafprozessualen Vor-verfahrens weiterbeschritten werden, einer Reform, die für uns ein zentrales Anliegen ist und an der wir ausgehend von dem im Frühjahr des vorigen Jahres vorgelegten Diskussionsentwurf mit
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