Bundesrat Stenographisches Protokoll 650. Sitzung / Seite 82

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Jahren, welche den Bürger sehr nachdenklich gestimmt und die auch die Politik dazu veranlaßt haben, Maßnahmen zur Verbesserung des Waldzustandes einzuleiten. (Präsident Jaud übernimmt den Vorsitz.)

Viele Menschen haben zum Wald eine ganz besondere Beziehung, was wahrscheinlich mit dem Wissen zusammenhängt, daß der Schutz des Waldes Erholung und auch Einkommen bietet und daß der Wald unser Wohlbefinden ganz wesentlich beeinflußt.

Führt man nun eine einigermaßen seriöse Analyse durch, jenseits von apokalyptischen Vorhersagen, jenseits auch von Schönfärbereien – solch eine seriöse Darstellung wurde im Waldbericht 1996 gemacht –, so kann man folgendes festhalten:

Erstens: Man kann mit dem Zustand unseres Waldes nicht hundertprozentig zufrieden sein. Man muß zur Kenntnis nehmen, daß es Probleme gibt, daß aber auch das Horrorszenario der achtziger Jahre Gott sei Dank nicht eingetreten ist.

Zweitens: Die Waldflächen und die Holzvorräte sind im Zunehmen begriffen. 46,8 Prozent unseres Bundesgebietes sind bewaldet, 75 Prozent davon sind reiner Wirtschaftswald, knapp unter 20 Prozent sind Schutzwald.

Drittens: Ein immer größeres Augenmerk wird auf die Aufforstung von Laub- und Mischwäldern gerichtet.

Viertens: Die Stabilität des Waldes ist durch permanent wirkende Luftverunreinigungen und durch Stamm- und Verbißschäden nach wie vor gefährdet.

Meine Damen und Herren! Positiv herausstreichen möchte ich, daß die Baumartenverteilung im Wald durch die forstliche Bewirtschaftung wieder standortgerechter durchgeführt wird. Wurde in der Vergangenheit aus rein wirtschaftlichen Gründen auch in tiefen Lagen, vor allem durch Einbringung von Fichte und Kiefer, der Anteil an Nadelbäumen vermehrt und damit auch eine Überschreitung der ökologischen Toleranz der Standorte in Kauf genommen, was vermehrtes Schädlingsauftreten, Bodenverschlechterung und stärkere Sturm- und Schneeschäden zur Folge hatte, so wird in den letzten Jahren der Anteil an standortgemäßen Laubbaumarten stark forciert.

Leider – das wurde schon von meinem Vorredner festgestellt – konnte der Rückgang der ökologisch wertvollen, stabilisierend wirkenden Mischbaumart Tanne noch nicht abgefangen werden. Wesentliche Ursache für den Rückgang der Tanne ist der übermäßige Wildverbiß in der Jugend des Baumwuchses. Dies stellt eine besondere Gefahr für unsere Schutzwälder dar. Ohne begleitende jagdliche Maßnahmen zur Verminderung des selektiven Verbisses ist die Aufzucht naturnaher Mischbestände daher vielfach aussichtslos.

Die Ergebnisse der österreichischen Waldinventur zeigen deutlich den hohen Verbißdruck in den österreichischen Wäldern. 85 Prozent der Waldflächen mit notwendiger Verjüngung weisen eine Beeinflussung durch Wildverbiß auf. In nur 33 Prozent der österreichischen Waldgebiete herrscht ein Gleichgewicht zwischen Wald, Wild und Weidevieh.

Die Ursachen dieser Entwicklung sind vielfältig: Das Großraubwild als natürlicher Konkurrent ist nicht mehr vorhanden und kann aufgrund veränderter Biotopverhältnisse und vieler anderer Gründe nicht mehr heimisch gemacht werden. Die selektiv wirkenden strengen Winter werden durch Wildfütterung entschärft, und Abschußpläne werden zum Teil sehr großzügig ausgelegt. Aus Pansenanalysen weiß man, daß das Schalenwild vor allem Tannen und Laubhölzer als Nahrung bevorzugt. Es selektiert daher aus den forstlichen Verjüngungsflächen gerade jene Baumarten heraus, die für die Stabilität des künftigen Waldbestandes von entscheidender Bedeutung sind.

An der Zunahme der Schälschäden sind aber auch, meine Damen und Herren, Tourismus, exzessive Besiedlung, Verkehr und vieles mehr mitbeteiligt. Der Lebensraum des Wildes wird immer stärker eingeengt und sogenannte Wildballungszentren werden gebildet, in denen ein be


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