Bundesrat Stenographisches Protokoll 650. Sitzung / Seite 86

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Vorschläge, und wir wissen, daß etwas durchzusetzen ist. (Bundesrat Eisl: Bis jetzt hat es noch nichts genützt! – Bundesrat Hensler: Wir werden uns schon noch durchsetzen!)

Ich darf Ihnen ein kleines Beispiel aus meinem Bezirk bringen. Ich bin in meiner Eigenschaft als Bauernbundsekretär viel am Lande unterwegs und habe mit den Problemen der Landwirtschaft sehr viel zu tun – vielleicht mehr als Sie, denn ich werde dauernd mit diesen Problemen konfrontiert. Eines Tages kommt ein mir sehr gut bekannter Landwirt zu mir und sagt: Du wirst dich jetzt wundern, daß ich bei dir bin! – Er war nämlich der Obmann der Freiheitlichen Partei. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) Ich antworte: Ja, da wundere ich mich schon!

Daraufhin sagt er: Erstens einmal kennst du dich im Steuer- und Sozialrecht aus – da haben wir überhaupt niemanden in unserer Partei, der mir darüber eine Auskunft geben könnte (Heiterkeit bei der ÖVP – demonstrativer Beifall des Bundesrates Hensler )  –, und zweitens geht mir das Ganze fürchterlich auf die Nerven. Bei jeder Sitzung in Linz wird nur darüber diskutiert, wie wir die Bauernschaft, wie wir die Regierung angreifen können, wie wir sie schädigen können, und es wird nie ein konstruktiver Vorschlag eingebracht. Und das geht mir so auf die Nerven, und das habe ich ihnen dort auch gesagt, darauf haben sie gesagt, dann gehst du halt, du mußt ja nicht da sein. Und bevor sie mich ausgeschlossen haben, habe ich freiwillig die Freiheitliche Partei verlassen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrätin Haselbach: Ja, so sind sie!)

Das sind die Vorschläge Ihrer Seite! Außerdem, gar so ernst dürften Sie das ohnehin nicht nehmen, denn wenn ich mich im Bundesrat umschaue, so sehe ich, daß von freiheitlicher Seite kein einziger aktiver Bauer mehr hier sitzt, während die ÖVP immerhin noch drei aktive Bauern entsendet hat.

Zurück zum Grünen Bericht. Erfreulich – das darf ich Ihnen sagen – war für die Wirtschaft auch, daß kein Rückgang bei den landwirtschaftlichen Investitionen festzustellen gewesen ist. Österreichs Bauern investieren rund 90 Milliarden Schilling. In Oberösterreich – so ist zu lesen gewesen – sind im Vorjahr von der Landwirtschaft 30 Prozent mehr Investitionen getätigt worden. So schlecht kann die Agrarpolitik also doch nicht gewesen sein, sonst wären diese Investitionen gar nicht möglich gewesen. Aber – darin gebe ich Ihnen recht – ein Bauer weniger bedeutet drei Arbeitsplätze in der Gesamtwirtschaft weniger, denn jeder Bauer sichert Arbeitsplätze im vor- und auch im nachgelagerten Bereich. Deutlich wurde das durch jene 100 Kündigungen bei der Steyr Antriebstechnik, im Zuge derer auch offen zugegeben wurde, daß die nicht gerade rosige Lage der Landwirtschaft für diese Kündigungen verantwortlich ist. Das muß natürlich zu denken geben!

Natürlich muß man auf der anderen Seite zugeben, daß es schon immer einen gewissen Strukturwandel gegeben hat und nicht die Agrarpolitik die Ursache ist. Vielleicht ist dieser Strukturwandel durch den EU-Beitritt etwas beschleunigt worden. Dabei ist die Anzahl der Kleinstbetriebe unter zwei Hektar am meisten gesunken, es sind dies natürlich Betriebe, die kaum oder nur sehr wenig Produktion gehabt haben, und jene Flächen, die mit deren Aufgabe frei geworden sind, wurden von den Vollerwerbsbauern – die Fläche ist nicht weniger geworden – im Pachtwege übernommen und haben dort zur Standortfestigung sicherlich beigetragen. Eine Reduzierung dieser Betriebe, werte Kolleginnen und Kollegen, bedeutet also nicht zwangsläufig eine Minderung der Produktion, sondern ganz im Gegenteil: Durch den rationellen Einsatz von Maschinen und Arbeitskraft ist eine Ausweitung bei fast allen landwirtschaftlichen Erzeugnissen festzustellen, und das nicht nur in Österreich.

Darin liegt eben auch die Problematik, denn im Jahre 1999 läuft die geltende Marktordnung der Europäischen Union aus. Es ist daher zwingend notwendig, daß sich die europäische Agrarpolitik auf neue gemeinsame Grundlinien einigt. Andernfalls kommt der Weltmarkt gleichsam automatisch durch die Hintertür, aber nur wenige Regionen in Europa haben Weltmarktbedingungen und können zu diesen Weltmarktbedingungen produzieren, Österreich schon gar nicht!

Nicht nur die Agrarminister, sondern auch die Staats- und Regierungschefs bekannten sich daher im Jahre 1997 zum Modell der Europäischen Landwirtschaft. Die für die Landwirtschaft entscheidende Frage wird aber ihre Finanzierung sein, denn bei einer vorgesehenen Senkung der


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