Wir wollen, daß Familie und Arbeit vereinbar sind. Unser Familienbild heißt nicht, wie Haider schon am 7. 10. 1994 im "Kurier" festgestellt hat – ich zitiere –: Die heutige Form des Zusammenlebens ist denaturiert. Das ist kein Ideal im nationalen Sinn. Partnerschaft besteht doch aus zwei Funktionen, dem dienenden und dem führenden Teil. So ist das. – Zitat Ende. Das ist wirklich nicht jenes Familienbild, mit dem wir uns zufriedengeben können. (Beifall bei der SPÖ.)
Eine fortschrittliche Familienpolitik bedeutet für uns, Arbeit und Familie vereinbaren zu können, ohne daß den Frauen ein schlechtes Gewissen gemacht wird oder ihnen eingeredet wird, daß sie Rabenmütter sind, weil sie ihr Kind außerhäuslich betreuen lassen, wenn sie arbeiten gehen wollen oder zum Großteil arbeiten gehen müssen.
Zur derzeitigen Familiendebatte und zum Karenzgeld für alle (Bundesrat Mag. Himmer: Sie wollen ja, daß alle arbeiten gehen!): Auch ein Karenzgeld für alle ist nicht gerecht. (Bundesrat Mag. Himmer: Sie wollen ja, daß sie gehen! Jetzt sagen Sie, sie müssen! Sie wollen ja, daß sie gehen! – Bundesrat Mag. Leichtfried: Wer sagt denn das? So ein Blödsinn!) Wir wollen, daß jene, die wollen, ohne schlechtes Gewissen arbeiten gehen können, und jene, die müssen, eben auch.
Auch das Modell Karenzgeld für alle finde ich und finden wir nicht gerecht. Wir alle wissen, daß das Karenzgeld eine Versicherungsleistung ist. Das heißt, daß eine Frau, die berufstätig war und ein Kind bekommt, 18 Monate zu Hause bleiben kann und in dieser Zeit Geld erhält. Das heißt, daß das Familieneinkommen sinkt, denn wenn sie zum Beispiel zuerst 12 000 S gehabt hat, bekommt sie dann mindestens um die Hälfte weniger. Eine Hausfrau, die zu Hause ist und nichts verdient hat, würde nach diesem Modell jetzt Geld bekommen, und das Familieneinkommen würde sich erhöhen. – Jetzt habe ich ganz bestimmt keinen Neidkomplex, aber ich möchte nur sagen, daß auch dieses Modell nicht gerecht ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.)
Auch wir setzen uns dafür ein, daß es Familienleistungen für Familien geben soll, für auszubildende, für studierende Frauen, für all die freien Dienstnehmerinnen, für die sich jetzt die Dienstgeber praktisch Sozialleistungen ersparen. In bezug auf all diese Frauen bin ich sicher dafür, daß wir Familienleistungen, aber kein Karenzgeld geben. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Denn nur für das Kinder-Bekommen zu zahlen, dafür kann ich mich sicher nicht erwärmen.
Nur ein kurzes Beispiel dafür, daß bei uns in Tirol Beruf und Familie nicht vereinbar sind: Bei uns sind zurzeit nur 57 Prozent der Frauen in Beschäftigung – das ist die niedrigste Frauenerwerbsquote in Österreich –, denn die Situation in bezug auf die Kinderbetreuungseinrichtungen ist total unbefriedigend. Nur 7 Prozent aller Kinderbetreuungseinrichtungen haben einen Mittagstisch, und viele Frauen wissen nicht, wohin mit den Kindern. Besonders schwierig ist die Situation für 26 000 Alleinerzieherinnen.
Im Vergleich dazu haben in Wien 75 Prozent aller Kinderbetreuungseinrichtungen einen Mittagstisch, und auch in Kärnten sind es schon 55 Prozent aller Kinderbetreuungseinrichtungen. In Tirol gibt es vier Bezirke, die überhaupt keinen Kindergarten mit Mittagstisch haben.
Mehr Geburten werden nicht durch das Motto "Zurück an den Herd" erreicht, denn wir wissen, daß in Ländern mit genügend Kinderbetreuungseinrichtungen erstens die Erwerbsquote der Frauen, aber zweitens auch die Geburtenrate am höchsten sind. Also ist der Zusammenhang, daß Frauen, wenn sie zu Hause sind, mehr Kinder bekommen, auch wenn sie Geld dafür bekommen, sicher nicht gegeben.
Bei der Debatte um das Karenzgeld und bei der Verhandlung zu dem neuen Familienpaket müssen wir darauf achten, daß erstens das Karenzgeld eine Versicherungsleistung bleiben muß (lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), daß es zur Wiedereinführung des vierten Karenzhalbjahres für berufstätige Frauen kommt, und auch eine massive Erhöhung des Karenzgeldes für Berufstätige ist, wie schon erwähnt worden ist, sicherlich notwendig.
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