Bundesrat Stenographisches Protokoll 650. Sitzung / Seite 117

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Der vorliegende Vorschlag ist ein wichtiger Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und er wäre aus Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds zu finanzieren. Diese Mittel, dieses Geld steht den Familien zur Verfügung, und dieses Geld ist nicht für andere Zwecke zu verwenden.

Der ÖVP liegt das Wohl aller Mütter und Väter am Herzen. Wir wollen einbinden statt ausgrenzen. Eine Unterscheidung in arme Mütter und reiche Mütter bedeutet meiner Meinung nach einen gesellschaftspolitischen Rückschritt. Wer bei der Familie spart, spart am falschen Platz, denn in der Familie liegt unsere Zukunft. (Allgemeiner Beifall.)

17.15

Präsident Gottfried Jaud: Es hat sich weiters Frau Bundesrätin Irene Crepaz zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.

17.15

Bundesrätin Irene Crepaz (SPÖ, Tirol): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn ich davon ausgehe oder annehme, daß der ÖVP beim Karenzgeld oder beim Kinderbetreuungsscheck das Wohl der Frauen und Kinder am Herzen liegt, dann verstehe ich nicht, wie sie den Frauen Modelle wie den Kinderbetreuungsscheck als besonders erstrebenswert einreden kann, denn ich glaube, auch sie muß die Nachteile, die mit einer solchen Einführung den Frauen "blühen", erkennen.

Wenn Sie von der ÖVP allerdings wollen, daß sich die Frauen, wie Sie sagen, der natürlichen Bestimmung stellen sollten, also Kinder bekommen und zu Hause bleiben sollten, Dienstmädchen für den Mann und den Rest der Familie spielen und vielleicht ein bißchen schwarz arbeiten, zum Beispiel putzen sollten, dann wäre es ehrlicher, Sie würden das zugeben. Denn genau das würde passieren, würde man diesem Modell des Kinderbetreuungsschecks nähertreten.

Für mich ergäbe sich ein erschreckendes Szenario: Es wird den Mädchen und jungen Frauen suggeriert, daß sie ohne besondere Ausbildung zu schnellem Geld vom Staat kommen, wenn sie Kinder bekommen – und das sechs Jahr lang, also jeweils bis zum sechsten Lebensjahr des jüngsten Kindes. Bei günstiger Einteilung könnte eine Frau mit zwei Kindern zwölf Jahre zu Hause bleiben und wäre dann zwischen 30 und 35 Jahre alt, hätte keine Ausbildung oder wäre schon lange aus dem kurzen Berufsleben gedrängt, und die Decke fiele ihr zu Hause auf den Kopf. Daß es für die Frauen immer schwieriger würde, eine eigenständige Alterssicherung, eine Pension zu erreichen, brauchen wir in diesem Zusammenhang gar nicht zu betonen. Auch die Wirtschaft wartet nicht auf solch wenig ausgebildete Frauen.

Jede dritte Ehe wird geschieden, und die Armutsfalle schnappt dann gerade für jene Frauen zu, die geglaubt haben, im Kinder-Bekommen und Zuhause-Bleiben liege ihr Lebensglück.

Meine Damen und Herren! Wenn wir etwas erreicht haben, auf das wir stolz sein können, so ist das der Bildungsstand bei den Mädchen. Vor 100 Jahren erst durften die ersten Frauen studieren. Heute wissen wir – das war erst vor kurzem zu lesen –, daß die Mädchen die besseren Schülerinnen sind. Auch in den technischen Ausbildungen sind sie besser als ihre männlichen Kollegen. Mädchen lernen leichter, studieren besser und sind fleißiger. Wir können stolz sein auf unsere Mädchen!

Ich möchte nicht, daß den Mädchen und Frauen wegen einer solch rückschrittlichen Steinzeitpolitik die Ausbildung erschwert wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Denn ich höre jetzt schon wieder die nicht ausrottbaren Argumente, daß es sich nicht rentiert, Mädchen eine bessere Ausbildung zu gewähren, weil sie sowieso heiraten und bei den Kindern zu Hause bleiben. Wir Sozialdemokraten wollen solch ein Szenario nicht, wir wollen, daß den Frauen die gleichen Chancen eröffnet werden wie den Männern, die in der gesamten Kinderbetreuungsdebatte abgemeldet und zu reinen Samenspendern mutiert sind. Dieses wollen wir nicht. Kein Mensch redet von Partnerschaft. (Bundesrat Weilharter: Das ist eine sexistische Aussage ...! – Ruf bei der ÖVP: Das ist Ihre Wahrheit!) – Nein, das ist die Wahrheit, meine, unsere Wahrheit, die sich bewähren wird.


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