Bundesrat Stenographisches Protokoll 650. Sitzung / Seite 133

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dieser beiden letzten Jahre mit einem Geburtenrückgang von 10 Prozent zu rechnen, und das hat natürlich Auswirkungen auf die dann fälligen Karenzgeldzahlungen.

Diese Zahlen habe ich genannt. Herr Bundesrat Drochter! Ich möchte Ihnen eine weitere Zahl nennen. Vielleicht ist diese Zahl nicht nur für Sie, sondern auch für andere Kollegen und anderen Stellen in Wien von Interesse. Man kommt bei einer durchschnittlichen Karenzgeldzahlung in der Höhe von 5 600 S pro Monat und einer tatsächlichen Karenzgeldzahlungsfrist von 16 Monaten – weil zwei Monate, teilweise sogar etwas mehr, unter die Wochengeldzahlung fallen; das wird gemeinhin vergessen – und unter Hinzurechnung eines 40prozentigen Sozialversicherungszuschlages – selbstverständlich haben wir das miteinberechnet, Herr Bundesrat, das können Sie mir schon glauben! – auf Kosten in der Höhe von insgesamt 125 000 S brutto pro Karenzgeldbezieherin. Ich wiederhole: 125 000 S!

Jetzt aber zu Ihnen, Herr Bundesrat. Sie selbst haben davon gesprochen, daß zusätzlich 10 000 Elternteile einen Karenzgeldanspruch bekommen würden und daß Sie dabei auf eine Zahl von 1,8 oder 2 Milliarden Schilling kommen. – Das kann nicht stimmen, weil sogar 10 000 mal 125 000 nur einen Betrag von 1,25 Milliarden ergäbe.

Das ist aber nicht die einzige Zahl, die heute ungeklärt im Raume steht. Der Herr Finanzminister kommt nämlich – zumindest nach Aussage des "Standard", und das wurde heute nicht dementiert – beim Karenzgeld für alle in der derzeitigen Höhe, also ohne eingerechnete Valorisierung, gleich auf Mehrkosten von 2,7 Milliarden Schilling. – Also ich bitte doch, konsistent zu bleiben und nachvollziehbare Zahlen auf den Tisch zu legen! Für mich sind diese Zahlen im Moment nicht nachvollziehbar. – Ich bedanke mich, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP.)

18.30

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Paul Tremmel das Wort. – Bitte.

18.30

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wenn man die Debatten Revue passieren läßt, die Argumente pro und kontra hört, dann müßte man eigentlich der Meinung sein, daß es in Österreich tatsächlich ein sehr famlienfreundliches Klima gibt.

Ich möchte aber nun die Realität darstellen. Daß die Nettoreproduktionsrate 1,4 Kinder auf 1 000 beträgt und der Bevölkerungsrückgang nur dadurch wettgemacht wird, daß die Lebenserwartung – Gott sei Dank – höher geworden ist, daß wir eine erhebliche Zuwanderung haben und die Bevölkerungszahl nur so gehalten werden kann, ist die eine Seite.

Die andere Seite, die heute nicht angeklungen ist, ist die Tatsache, auf die etwa Caritas-Präsident Küberl aufmerksam macht. Er sagt, 1,2 Millionen Menschen in Österreich, vor allem Familien mit Kindern, leben unterhalb der Armutsgrenze! (Bundesrat Dr. Böhm: Beschämend!)

Meine Damen und Herren! Das ist konträr zu dem sogenannten familienfreundlichen Klima! Es stimmen in diesem Bereich die Parameter nicht, auch wenn man es so darstellt. Sie stimmen einfach nicht, wenn man die Gegensätze betrachtet. Hauptpunkt: Die Koalition kann sich nicht auf ein Modell einigen, das zum Inhalt hätte, endlich die Gleichbehandlung herbeizuführen. Jedes Kind soll doch gleichviel wert sein, soll uns das höchste Gut sein, das unser Staat hat!

Eine Kollegin von mir hat hier das Frauenwahlrecht angeschnitten und erzählt, wie das seinerzeit erkämpft worden ist. Dieses Recht ist auch für alle gleich. Da hat es auch keine Differenzierung gegeben. So sollten wir es auch in diesem Punkt halten. (Bundesrat Meier: Das ist nicht vergleichbar!)

Bitte nehmen Sie doch Abschied von diesen Kasterln, davon, die Förderungswürdigkeit sozusagen in unterschiedliche Kasterln einzuteilen! Ein Kind wird gefördert, eine Familie wird gefördert, ein anderes Kind, eine andere Frau wird nicht gefördert, weil sie möglicherweise mitarbeitende Unternehmersgattin ist. Das ist zutiefst ungerecht! Die Sozialdemokratie – ich muß diesen


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