Einerseits wollen wir mit dem außergerichtlichen Tatausgleich und mit den anderen Formen der Diversion den österreichischen Richtern und Staatsanwälten alternative Möglichkeiten an die Hand geben, im unteren – ich sage nicht im Bagatellbereich – und in einigen Fällen auch im mittleren Kriminalitätsbereich auf strafbares Verhalten flexibler, einzelfallgerechter, rascher und vor allem wirksamer reagieren zu können.
Zugleich ist dieses Gesetzesvorhaben ein entscheidender Schritt nach vorne bei der Wahrung und Durchsetzung der Interessen der Verbrechensopfer. Wir können dem Verletzten rascher, leichter, unbürokratischer Schadenersatz und Tatfolgenausgleich angedeihen lassen. Unter dem, wie ich immer sage, drohenden Damoklesschwert eines ansonst fortzusetzenden Strafverfahrens mit strafgerichtlicher Verurteilung und Vorbestrafung wird der Täter viel eher als in einem formellen Strafverfahren dazu angeregt, Schadenersatz und Tatfolgenausgleich zu leisten, viel eher, als das in einem Strafverfahren oder in einem späteren Zivilverfahren der Fall ist, das zunächst einmal mit Kosten verbunden ist.
Sie wissen selbst: Auch wenn das Opfer einen rechtskräftigen Titel – in seltenen Fällen im Strafverfahren, in aller Regel in einem Zivilverfahren – erhält, heißt das noch nicht, daß er tatsächlich zu seinem Schadensausgleich kommt. Künftig wird die tatsächliche Schadensgutmachung im Interesse des Opfers in aller Regel der Fälle sichergestellt. Das gilt gerade für die kleineren Schadensbereiche, in denen die zivilrechtliche Geltendmachung der Schadenersatzansprüche jedenfalls zunächst einmal mit hohen Kosten verbunden ist, mit einem ganz ungewissen Ausgang, wie das Exekutionsverfahren enden wird.
Es geht unseres Erachtens gar nicht so sehr um eine zivilrechtlich präzise Schadensbemessung – diese findet zu Recht in aller Regel im Strafprozeß nicht statt –, sondern vor allem um eine grundsätzliche Wahrung und Anerkennung der Interessen des Opfers und um dessen aktive Einbeziehung in das Verfahren und in die Ausgleichsbemühungen, aber auch darum – etwas, was immer wieder von den Opfern gefordert und leicht übersehen wird –, dem Opfer eine ideelle Genugtuung zu verschaffen, insgesamt eben darum, die materiellen und immateriellen Tatfolgen festzustellen und möglichst auszugleichen.
Daß dabei das Opfer – Sie haben es nicht gesagt, aber im Nationalrat wurde es gesagt – über den Tisch gezogen würde, diese Gefahr sehe ich nicht. Erstens wird es die entsprechenden Rechtsbelehrungen geben. Zweitens kann sich das Opfer eines Rechtsbeistandes bedienen. Wenn es sich um schwierigere Tatbestände handelt, deren zivilrechtliche Folgen nicht gleich abschätzbar sind, haben auch jetzt schon und werden in Zukunft die Beteiligten eine Belehrung an das Opfer aussprechen, sich, wenn nicht der Rechtsrat durch die einschreitenden Juristen gewährleistet ist, eines Rechtsrates zu bedienen. (Bundesrat Dr. Böhm: Auf eigene Kosten!)
Diese entstehen schließlich im Strafverfahren und im Zivilverfahren auch. (Bundesrat Dr. Böhm: Kostenersatz!) Darauf kann ich gleich antworten. Wir haben bisher schon und werden auch weiter vorsehen, daß durch diese Rechtsverfolgung auflaufende Kosten zu den Tatfolgen gehören und in den Ausgleich miteinzubeziehen sind. Das ist klar. (Bundesrat Dr. Böhm: Das steht im Gesetz nicht drinnen!)
Wie sieht es denn jetzt mit den Tatfolgen aus? Bekommt man jetzt im zivilrechtlichen Schadensausgleich die durch die angemessene Rechtsverfolgung entstandenen Kosten ersetzt? – Ja! Also ist das ein Schadenersatzanspruch. Wenn die alternativen Maßnahmen davon abhängig sind, daß Schadensersatz geleistet wird und Tatfolgenausgleich stattfindet, dann ist das ein Teil davon. Ich denke daher, daß man in dieser Hinsicht mit entsprechender Auslegung und unter analoger Heranziehung der in den anderen Bereichen unbestrittenen Rechtsanwendungen auch bei einer diversionellen Maßnahme zu einem befriedigenden Ergebnis kommen wird.
Ein Wort auch zum Anwendungsbereich, da es schon Einwendungen gab. Namhafte Experten haben uns im Rahmen des Begutachtungsverfahrens und in den Beratungen des Justizausschusses bestätigt, daß durch das abgestufte System von diversionellen Reaktionsformen dem Gedanken der Einzelfallgerechtigkeit besser als mit den herkömmlichen Mitteln Rechnung getragen werden kann. Das war für uns auch der Grund dafür, daß wir von der Ausarbeitung eines
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