Bundesrat Stenographisches Protokoll 653. Sitzung / Seite 20

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Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß es gerade unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft gelungen ist, erstmals den Gesamtbereich jener Steuern zu definieren, der von einer derartigen Koordination betroffen sein soll, wenn der Binnenmarkt als gemeinsamer Markt funktionieren soll.

Da geht es um keine Gleichschaltung von Steuersätzen und Steuersystemen, sondern es geht darum, den Binnenmarkt, der eine Einheit in einem großen Wirtschaftsraum bildet, durch eine Koordination der Steuersysteme von wettbewerbsverzerrenden Effekten zu befreien. Daher gehören dazu die Kapitalsertragsbesteuerung, die Unternehmensbesteuerung – das ist sehr schwierig, da geht es um keinen Vergleich; ich amüsiere mich immer, wenn in Medien so "gescheit" geschrieben wird, wie unterschiedlich die KöSt-Steuersysteme in Europa sind; das ist nämlich in Wahrheit völlig Wurscht, entscheidend ist, wie die Gewinne ermittelt werden und was dann faktisch letztendlich in einer koordinierten Vorgangsweise an harmonisierter Steuer verlangt werden kann –, die Energiebesteuerungen und in weiterer Folge natürlich auch um die Mehrwertsteuer.

Die österreichische Steuerreform des Jahres 2000 ist in diese Tendenz eingebettet, aber ich gebe unumwunden zu, daß spektakuläre Maßnahmen in Richtung Ökologisierung des Steuersystems und Entlastung des Faktors Arbeit nicht vorgenommen worden sind, und zwar aus zwei Gründen: erstens deshalb, weil der Schwerpunkt der Steuerreform 2000 zunächst einmal darin gelegen ist, den von allen Parteien geforderten Effekt der kalten Progression den Lohn- und Einkommensteuerzahlern faktisch zu erstatten, zweitens deswegen, weil sich diese Bundesregierung eine massive familienpolitische Zielsetzung gestellt hat, drittens deshalb, weil eine Steuerreform die Kunst des Machbaren ist.

Meine Haltung war immer, daß ich keine Steuerreform vorschlagen werde, die im Jahr 2001 ein Sparpaket zur Folge hat. Das muß ich in aller Deutlichkeit noch einmal sagen. Das ist mit diesem Volumen möglich. Es sind in den Bereichen Ökologisierung des Steuersystems und Entlastung des Faktors Arbeit Schritte und Tendenzen eingeleitet worden. Da muß man natürlich die europäische Diskussion mitbestimmen, was wir auch massiv tun. Ich registrierte – das gebe ich auch unumwunden zu – in den zwei Jahren, in welchen ich bei den europäischen Finanzministertagungen teilnahm, zwar eine Tendenz in diese Richtung, aber es gibt dahin gehend noch keine akkordierte Aktion.

Es kann in einer solch schwierigen Zeit, in der wir heute leben, nicht Aufgabe des Finanzministers der Republik Österreich sein, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft durch Abgaben etwa im Ökologiebereich, die anderswo nicht erstattet werden können, oder durch Ausnahmeregelungen, sodaß am Ende nur mehr der Rentner die ökologische Steuer zahlt, zu schwächen. Das kann, so meine ich, nicht im Sinne der Erfindung sein.

Was die Entlastung des Faktors Arbeit betrifft, sind wir natürlich auch da von der Kunst des Machbaren ausgegangen. Wenn man alle Vorschläge, die im Rahmen der Steuerreformdebatte gemacht worden sind, addiert, kommen absurde Zahlen heraus und die Aufregung der Landeshauptleute – ich gestatte mir, das hier anzubringen – müßte ungleich größer sein. Da hätte wahrscheinlich ein paar der Schlag getroffen. Daher haben wir danach getrachtet, daß eine maßvolle Steuerreform herauskommt, die aufgrund des politischen Willens auch der Koalitionsparteien Auswirkungen auf die Länder und Gemeinden hat – das ist selbstverständlich –, denn einen vierten Geldonkel gibt es bekannterweise nicht, wenn man den Steuerzahler entlasten möchte.

Was wir gemacht haben, ist, daß wir gerade bei der Entlastung des Faktors Arbeit dort, wo es um die Phase der Betriebsneugründungen geht, eigentlich durchaus etwas Innovatorisches auf die Beine gestellt haben, nämlich daß neugegründete Unternehmungen im ersten Jahr um fast 7 Prozent der Lohnnebenkosten entlastet werden. Das geht natürlich zu Lasten des Familienlastenausgleichsfonds – es geht immer zu irgendwelchen Lasten, das ist ganz klar –, ein bißchen zu Lasten der Wohnbauförderung, zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherung und zu Lasten der Kammerumlage, weil sich natürlich auch die Wirtschaftskammer der Notwendig


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