Bundesrat Stenographisches Protokoll 653. Sitzung / Seite 118

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Nochmals: Die tatsächliche Leistung des Europaabgeordneten Bösch liegt darin, daß er nicht nur Mißstände aufgedeckt hat, sondern daß er – weil er sie untersucht und strukturell untersucht hat, wieso sie passieren konnten – vor allem mit einem operationalen Vorschlag dafür, wie man das in Zukunft vermeiden kann, hervorgetreten ist. Das Aufdecken ist wichtig, weil es die politische Stimmung ... (Bundesrat Eisl: Und gefährlich! Da muß man dann weg!)

Nein, man muß nicht weg, Herr Kollege! Sie werden – nein, Sie nicht, denn Sie haben sich heute auch von uns verabschiedet, aber jene Ihrer Kandidaten, die nach Brüssel entsendet werden, werden dort das Mißvergnügen haben, sich von Kollegen Bösch in den Schatten stellen lassen zu müssen. (Bundesrat Dr. Bösch: Welchen Bösch haben Sie jetzt gemeint?)

Nochmals: Das Entscheidende an der Initiative von Herbert Bösch war, daß es ihm gelungen ist, durchzusetzen, daß es eine neue, unabhängige Kontrollinstitution geben wird, die von vornherein – so ist zu hoffen, und so ist es die Absicht – Mißbräuche im Bereich der Kommission aufdecken und sie dadurch, daß sie sie öffentlich macht, auch abstellen wird. Ich sage ganz offen dazu: Wir werden vielleicht noch die eine oder andere Überraschung erleben.

Es war klug, daß der Weisenrat bestellt worden ist, weil er eine unabhängige Institution ist und daher die Frage, wie man die Kommission beurteilt, nicht in einer politischen Abstimmung, sondern zunächst einmal in einer Untersuchung geklärt wurde. Dieser Weisenrat hat in seinem jetzt vorgelegten Bericht, auf den die Kommission mit dem kollektiven Rücktritt reagiert hat, nicht alle Kommissare, sondern ausschließlich die in der politischen Diskussion stehenden Vorwürfe gegen einzelne Kommissare untersucht.

Es wird darüber hinaus – dafür wurde der September genannt, aber man soll ein Gremium, das eine so große und schwierige Aufgabe zu bewältigen hat, nicht drängen – einen weiteren Bericht geben. Darin wird diese Kommission versuchen, sich aus eigenem – und nicht von Zeitungsmeldungen und Rednermitteilungen im Parlament ausgehend – ein breiteres Bild über die Arbeit der Kommissare beziehungsweise über die Arbeit ihrer Beamten zu machen und dabei auch die Ressorts derjenigen zu untersuchen, die in dieser Phase nicht in die öffentliche Diskussion geraten sind.

Es wird gut sein, wenn wir auch das sehr aufmerksam mitbedenken, weil es nicht nur Fälle über das hinaus, was jetzt bekannt geworden ist, geben kann, sondern auch Fälle, die strukturell anders liegen und auf die man vielleicht anders reagieren muß.

Glauben Sie mir – nein, Sie glauben es mir nicht, aber die anderen mögen es mir glauben (Bundesrat Eisl: Versuchen Sie es wenigstens!)  –, daß diese Regierung alles darangesetzt hat, nicht zuzudecken, sondern aufzudecken. Es war der Bundeskanzler, der – allerdings in einem Rahmen der Sozialdemokratie – gemeinsam mit Tony Blair massiv dafür eingetreten ist, daß die Rahmenbedingungen für eine schonungslose Aufdeckung von Mißbrauch in der Kommission und die Instrumente geschaffen werden, um diejenigen, die dagegen verstoßen, sofort und mitleidlos zur Verantwortung zu ziehen – dies auch dann – ich betone das –, wenn es in den einzelnen Mitgliedstaaten im Zuge der Administration von EU-Programmen passiert, bis hin zu der Forderung – wir werden sie durchsetzen! –, daß mißbräuchlich verwendete Mittel gewissermaßen unter Haftung der Empfängerländer stehen und dann, wenn der Mißbrauch nachgewiesen wurde, auch von den haftenden Mitgliedsländern zurückgezahlt werden müssen.

Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokratie wird sich von niemandem darin übertreffen lassen, in diesem Bereich für Sauberkeit in Europa zu sorgen, und auch dann, wenn es – daran zeigt sich in Wirklichkeit die Konsequenz einer Haltung – eigene Mitglieder, eigene Funktionäre trifft, nicht davor zurückschrecken, Konsequenzen zu ziehen. Es ist eben nicht so – im Gegensatz zu Ihrer Behauptung –, daß die Sozialdemokratie etwa Kommissarin Cresson geschützt hat (Bundesrat Dr. Böhm: Die Franzosen schon!), sondern sie hat sich, unter anderem durch den Weisenratsbericht, von der Berechtigung der Vorwürfe überzeugt und dann die Konsequenzen daraus gezogen.

Ich brauche keine Namen zu nennen, aber diese Haltung muß die FPÖ erst lernen! (Beifall bei der SPÖ.)

17.05


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