Bundesrat Stenographisches Protokoll 654. Sitzung / Seite 11

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Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Wie würden Sie gerade bei den betroffenen Groß- und Nicht-ganz-so-groß-Mächten die Bereitschaft einschätzen, einen solchen Kurs mitzugehen?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ehrliche oder diplomatische Antwort? (Heiterkeit. – Bundesrat Konecny: Wir sind sozusagen unter uns!) – Ehrliche Antwort: gering.

Eine Ausweitung des Teilnehmerkreises ist, so glaube ich, eine absolute Möglichkeit. Eine Einschränkung des Vetorechts ist derzeit ein Wunsch aller anderen, und die fünf sind natürlich absolut nicht bereit, so etwas zu machen. Aber im Prinzip glaube ich, die Tendenz müßte dorthin gehen, so schwierig es ist. Aber es ist wichtig, daß man sich einmal auch Ziele setzt, die vielleicht heute noch unrealistisch sein mögen. Es wäre zum Beispiel ganz wichtig, daß die Europäische Union als solche einen Sitz im Sicherheitsrat hat. Wenn wir einmal beispielsweise eine Gemeinsame Außenpolitik haben, dann wäre das zum Beispiel ein absolutes Muß, wäre absolut vernünftig und sinnvoll. Ich weiß aber, daß dies heute kein Konsensstandpunkt aller 15 EU-Staaten ist.

Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten! Österreich war vor einigen Jahren Nicht-Ständiges Mitglied des Sicherheitsrates. Sind diesbezüglich in der von Ihnen angedeuteten Form Initiativen, etwa Anfragen in schriftlicher Form, gesetzt worden?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ja, das ist erstens einmal schon einige Jahre her, und zweitens ist es nicht Aufgabe des Sicherheitsrates, die Reform der Vereinten Nationen, im besonderen jetzt der Institutionen – das wichtigste Organ ist natürlich der Sicherheitsrat – selbst durchzuführen, denn das muß von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Konsensweg, weil es auch Vertragsänderungen bedeutet, durchgesetzt werden. Aber diese Position, die ich jetzt auf die Anfrage von Herrn Bundesrat Konecny ausgeführt habe, ist die Position, die österreichische Vertreter, jetzt etwa Botschafter Sucharipa, immer eingenommen haben.

Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Franz Wolfinger gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Wie steht Österreich zu einem EU-Sitz im Sicherheitsrat?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Wir kämpfen derzeit darum – ich begrüße das auch absolut –, daß große, wichtige Länder, die vor allem auch als Beitragszahler für die Vereinten Nationen unverzichtbar sind, wie etwa Deutschland, ein EU-Mitgliedsland, aber auch Japan, einen Ständigen Sitz im Sicherheitsrat bekommen. Das ist sehr schwierig, und das ist beispielsweise selbst innerhalb der Europäischen Union nicht klar, weil etwa die Italiener selbst einen Sitz für sich in Anspruch nehmen und nicht bereit sind, da einen EU-Konsens mitzutragen.

Daher ist auch das zweite Ziel, das ich persönlich sehr unterstützen würde, nämlich langfristig einen Sitz im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen dauerhaft mit einem Vertreter der Europäischen Union zu besetzen, im Moment nicht realistisch und vor allem nicht im Konsens mit allen 15 erzielbar.


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