Bundesrat Stenographisches Protokoll 655. Sitzung / Seite 63

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Wenn man sich nur die nackten Zahlen anschaut, dann möchte man es glauben. Tatsache ist aber, Frau Ministerin, daß von Ihnen viele Jugendliche einfach in Ausbildungsplätzen "geparkt" worden sind. Selbstverständlich wird Ihnen niemand widersprechen, wenn Sie sagen: Seien wir doch froh über jeden Jugendlichen, der irgendwo untergebracht ist!

Tatsache ist aber, daß die Lehrstellenlücke auch für diesen Sommer vorprogrammiert ist. Es stehen schon wieder 4 000 Lehrstellensuchende da, und die Zahl der Lehrstellen ist nicht mehr geworden, sondern im Prinzip gleich hoch geblieben. Sogar ÖGB-Präsident Verzetnitsch hat in einer Presseaussendung Anfang Mai davon gesprochen, daß er davon ausgeht, daß in nächster Zeit 1 000 Lehrstellen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der Industrie wegfallen werden. Das vergrößert natürlich das Problem noch zusätzlich.

Das ist nicht nur unsere Meinung beziehungsweise zu dieser Erkenntnis kommen nicht nur wir, sondern auch das Wirtschaftsforschungsinstitut sieht dies so.

Ein weiteres Problem – ich kann nur hoffen, daß Sie sich schon darauf vorbereiten – stellen jene Lehrlinge dar, die Sie jetzt in Stiftungen untergebracht haben, denn diese werden danach dastehen und Arbeitsplätze suchen. Was werden Sie dann diesen Jugendlichen sagen? – Sie werden dann wahrscheinlich keinen Arbeitsplatz bekommen.

Auch Unternehmensgründungen werden immer nur groß angekündigt. Da heißt es: Das schaut ohnehin gut aus! Auch die Kollegen von der ÖVP haben sich heute an diesen Zug angehängt, weil man ihn nicht verpassen oder auf der Strecke bleiben will, denn die Arbeitspolitik verkauft vor allem die SPÖ. Damit Sie von der ÖVP unterwegs nicht verlorengehen, hängen Sie sich da an.

Auch bei den Unternehmensgründungen schaut die Situation nicht so hervorragend aus, wie Sie es behaupten. Den Bürokratiehürdenlauf zum Beispiel gibt es nach wie vor. Das "FORMAT" schrieb Anfang Mai in diesem Zusammenhang: Chefs in der Warteschlange, über staatliche Gründeroffensiven können sie nur lachen. Tausende Österreicher, die gerne ihre eigene Firma hätten, scheitern an Gesetzen und an der Bürokratie und an den Behörden. Alles wie gehabt, alles leere Versprechungen und in Sonntagsreden dargestellt.

Wir sind der Meinung ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Was hat das damit zu tun? (Rufe bei der SPÖ: Sehr viel!)

Sie müssen sich endlich einmal dazu aufraffen, echte Reformen durchzuführen. Eine wichtige Maßnahme wäre die Entlastung des Faktors Arbeit, bei dem bis jetzt noch nichts geschehen ist. Es wird immer nur angekündigt, aber weit und breit ist davon nichts zu sehen. Wenn Sie sich dazu durchringen könnten, dann wird man wahrscheinlich von einer Trendumkehr sprechen können. Jetzt ist es nicht so! Jetzt ist es reine Kosmetik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.40

Präsident Gottfried Jaud: Des weiteren zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Alfred Schöls. Ich erteile es ihm.

13.40

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Zuerst muß ich folgendes sagen: Ich wußte nicht, daß Kollege Drochter die Diskussion zum NAP als Job-Börse für einige Regierungsmitglieder ansieht. Er meinte, Wolfgang Schüssel könnte sich – zusätzlich zu seiner Funktion als Außenminister – der Klein- und Mittelbetriebe annehmen. Dazu möchte ich ihm folgendes sagen: Die Klein- und Mittelbetriebe wären froh darüber, denn Wolfgang Schüssel versteht auch davon etwas, weil er sich nicht nur auf einer Schiene bewegt. Ob die OMV so glücklich wäre, wenn die Herren Klima, Ruttenstorfer und Einem wieder zur OMV zurückkämen, ist eine Sache, die noch ausdiskutiert werden sollte.

Auch die nächste Bemerkung sei gestattet: Manchmal habe ich den Eindruck, daß mit dem Begriff "Konservative" ein bisserl Schindluder getrieben wird. So hat Karl Drochter gemeint, die


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