Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 101

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"Verwaltungsbeamte des Dienststandes, die zu Mitgliedern oder Ersatzmitgliedern ernannt werden, sind unter Entfall ihrer Bezüge außer Dienst zu stellen. Dies gilt nicht für zum Ersatzmitglied ernannte Verwaltungsbeamte, die von allen weisungsgebundenen Tätigkeiten befreit worden sind, für die Dauer dieser Befreiung." – Zitatende.

Aus sachlichen Überlegungen ist diese Regelung entschieden abzulehnen.

Weshalb soll ein Ersatzmitglied, das nur fallweise zur Mitwirkung an der Rechtsprechung des Gerichtshofes herangezogen wird, völlig außer Dienst gestellt werden? Soll das Ersatzmitglied, da es ohne Bezüge karenziert ist, zum Ausgleich dafür dieselbe Entschädigung erhalten wie ein Vollmitglied des Gerichtshofes, ohne jedoch die gleiche Arbeit wie ein solches zu leisten? Oder soll damit vielleicht gar erreicht werden, daß Verwaltungsbeamte überhaupt nicht zu Ersatzmitgliedern des Verfassungsgerichtshofes bestellt werden?

Der Ausnahmstatbestand für die von allen weisungsgebundenen Tätigkeiten befreiten Verwaltungsbeamten kommt ja kaum jemals in Betracht, sieht man von der Tätigkeit als Mitglied in einem Unabhängigen Verwaltungssenat ab.

Sowohl die erste Variante, die sachlich undifferenzierte Gehaltsregelung, als auch die zweite Variante, der weitgehende Ausschluß öffentlich Bediensteter vom Amt eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes erscheinen jedoch als Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Artikels 7 B-VG.

Zudem wirft die erörterte Änderung des Artikels 147 Abs. 2 B-VG auch ein Problem in bezug auf die bundesstaatliche Kompetenzverteilung auf. Zweifellos wird ja dadurch in die Landeskompetenz zur Regelung des Dienstrechtes von Landes- und Gemeindebediensteten eingegriffen. Falls sich Artikel 44 Abs. 2 B-VG – entgegen der Auffassung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes – nicht nur auf formelle, sondern auch auf materielle Einschränkungen der Länderkompetenzen bezieht – eine Auffassung, die ich teile –, bedürfte die entsprechende Verfassungsänderung der Zustimmung des Bundesrates nach der zitierten Verfassungsbestimmung.

Der Präsident des Salzburger Landtages, Herr Universitätsprofessor Dr. Helmut Schreiner – er gehört, wie bekannt ist, der Fraktion der ÖVP an –, mutmaßt daher, daß die geplante Neuregelung – ich zitiere ihn – "offenbar eine Maßnahme darstellt, die aus einem ganz bestimmten Anlaß geschaffen werden soll." – Zitatende. Oder weiß er es sogar? Dann wäre jedoch das Vorgehen der Regierungsparteien im Nationalrat umso schlimmer, weil es einmal mehr ein frivoler Umgang mit unserer Bundesverfassung ist!

Aus all diesen Gründen wird daher meine Fraktion dieser Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes keinesfalls zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.19

Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Albrecht Konecny. Ich erteile ihm das Wort.

14.19

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wir haben es nun mit einer Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz zu tun, die in einer Reihe von Bereichen, bei denen es sinnvoll und notwendig erscheint, Klarstellungen und Aktualisierungen vornimmt. (Vizepräsident Dr. Linzer übernimmt den Vorsitz.)

Ich erachte es als bedauerlich, wenn diesem Bestreben – zumindest in dem einen, von Professor Böhm jetzt gerade angeführten Fall – mit Mutmaßungen eine geheime, auch von ihm nicht angesprochene, mir jedenfalls unbekannte Absicht unterstellt wird.

Die vier Materien, die in dieser Novelle behandelt werden – das ist der Punkt, bei dem ich ihm zweifellos recht geben möchte –, sind naturgemäß solche, denen nicht der Glanz der Verfassungsurkunde anhängt. Aber da wir in Übereinstimmung mit der allgemeinen Praxis praktisch


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