Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 140

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setzen schaffen wir es unter zwei verschiedenen Tagesordnungspunkten, jeweils ein und dasselbe Gesetz zweimal zu ändern.

Nun gebe ich schon zu, daß es in der Hektik der Ausschußtätigkeit des Nationalrates nicht immer einfach ist, das zusammenzufügen, aber das ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie sehr man sich verbal zur Rechtsbereinigung bekennt, sie für die Vergangenheit auch durchführt, aber bei der Schaffung neuen Rechtsbestandes auf diesen Gesichtspunkt gerne vergißt.

Ich denke, wir können diesbezüglich natürlich keinen korrigierenden Beitrag mehr leisten, sondern nur an den Nationalrat den Appell richten, auch im Interesse der Rechtsunterworfenen bei der Novellierung von Gesetzen zumindest in methodischer Hinsicht etwas konsequenter und schlüssiger vorzugehen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.59

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. Ich erteile es ihm.

16.59

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses!

Dem Ersten – und aus unserer Sicht hoffentlich nicht letzten – Bundesrechtsbereinigungsgesetz werden wir gerne unsere Zustimmung erteilen, sind doch Entbürokratisierung, Abbau der Gesetzesflut und überflüssiger Kasuistik, Übersichtlichkeit der Rechtslage und damit Rechtssicherheit und Bürgernähe alte Anliegen freiheitlicher Rechts- und Gesetzgebungspolitik.

Das vorliegende Rechtsbereinigungsgesetz leistet daher einen wesentlichen Beitrag zur Deregulierung und modernen Rechtsgestaltung in unserem Sinn.

Gemessen an kakanischer Regelungswut mutet der bereits erwähnte § 1 höchst kühn an. Der entscheidende Vorteil, den die Generalklausel des § 1 mit sich bringt, liegt darin, daß die generelle Außerkraftsetzung aller Normen die nicht immer klar zu beantwortende Frage erübrigt, ob bestimmte, sehr alte Vorschriften überhaupt noch in Geltung stehen. Werden sie im Anhang mangels eines aktuellen Anwendungsbereichs nicht aufgelistet, so sind sie damit endgültig aus dem österreichischen Rechtsbestand ausgeschieden, ob sie bis dahin noch in Kraft waren oder nicht.

Ein nächster Schritt der Rechtsbereinigung wird allerdings darauf abzielen müssen, für die laut Anhang weiter geltenden Normen die tatsächlichen, das heißt aktuellen Texte bereinigt darzustellen. Auch das wurde heute schon erwähnt: Von den im vorliegenden Projekt zu berücksichtigenden zirka 500 Stammnormen, und zwar 350 Gesetzen und 150 Verordnungen, werden aufgrund dieser Rechtsbereinigung etwa 200 aufgehoben und hinsichtlich der zeitlich begrenzt fortgeltenden Vorschriften noch weitere 50 außer Kraft treten. Die erzielte Bereinigungsquote beträgt somit letztlich 50 Prozent.

Freilich sind selbst dadurch nur zirka 20 Prozent aller im Gesetzesrang stehenden österreichischen Rechtsvorschriften, also Staatsverträge exklusive, betroffen, weil der Gesamtbestand des Bundesrechts derzeit etwas mehr als 4 500 Stammnormen umfaßt. Die dringend gebotene Bereinigung auch und gerade des Bundesverfassungsrechts bleibt von der noch immer ausstehenden, von uns Freiheitlichen stets eingemahnten Bundesstaatsreform abhängig.

Ein weiteres Projekt müßte die Sichtung der von Österreich abgeschlossenen Staatsverträge umfassen. Über die formale Bereinigung – die Ausscheidung der nicht mehr relevanten Normen aus dem Rechtsbestand – und die materielle Bereinigung – das heißt die Herstellung bereinigter Textfassungen – hinaus müßte das – bislang noch nicht einmal in Ansätzen erreichte – Fernziel auf eine strukturelle Bereinigung gerichtet sein. Darunter verstehe ich ganz im Sinne von Präsidenten Weiss die systematische Zusammenfassung inhaltlich zusammengehöriger Normen. Damit ist die Gesetzesflut seit 1. 1. 1946, also jene der Zweiten Republik, angesprochen.


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