Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 143

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zen" in bezug auf die Universitäten – so die Kennzeichnung der Journalistin Anneliese Rohrer – geht mit den heute zur Abstimmung anstehenden Vorlagen offensichtlich weiter; denn in immer kürzerem Abstand kommt es zu Änderungen des Organisationsrechts der Universitäten, des Studienrechts, des Hochschullehrer-Dienstrechts und sonstiger Regelungen von hochschulpolitischer Relevanz.

Woraus erklärt sich die unangebrachte Hektik und Eile am Ende dieser Legislaturperiode? – Allein schon die deutliche Mehrheit ablehnender Stellungnahmen hätte ja zu sorgfältigerem und bedachtsamerem Vorgehen mahnen sollen. Schnellschüsse des Gesetzgebers haben es nun einmal an sich, daß sie kein sachgerechtes Regelungswerk erbringen und laufender Nachbesserung und Nachjustierung bedürfen. Was das für die Rechtssicherheit, für die administrative Umsetzung und damit für die Effizienz des Studien- und Forschungsbetriebs gerade im Alltag einer Massenuniversität wie insbesondere der Hohen Schule in Wien – bedeutet, versteht sich ohnehin von selbst.

Vor kurzem haben wir mit dem UniStG 1997 das überkommene zweigliedrige Studium festgeschrieben. Und jetzt plötzlich – damit komme ich zum Bakkalaureat – schaffen wir die Grundlagen für ein dreigliedriges Studium. Das passiert zu einem Zeitpunkt, zu dem gerade erst die Studienpläne im Rahmen des UniStG erstellt worden sind.

Weshalb wurde denn diese grundlegende Änderung der Struktur des Hochschulstudiums nicht bereits damals ins Auge gefaßt? – Der Wissenschaftssprecher der ÖVP, Herr Abgeordneter Dr. Lukesch, bezeichnete einerseits das UniStG bei seiner Erlassung als "Jahrhundertgesetz", andererseits verweist derselbe Dr. Lukesch heute darauf, daß bereits im deutschen Hochschulrahmengesetz von 1998 diese Dreigliedrigkeit verankert worden ist.

Warum gehen wir nun so abrupt zur Dreigliedrigkeit über? – Offenbar allein deshalb, weil in der – an sich für die EU-Mitgliedstaaten unverbindlichen – Erklärung von Paris-Sorbonne die Kultur- beziehungsweise Wissenschaftsminister der Europäischen Union die Einführung des Bakkalaureats für notwendig erachteten; dies unter Verweis auf die gebotene Konkurrenzfähigkeit mit den angelsächsischen, insbesondere den US-amerikanischen Absolventen entsprechender Studiengänge.

Haben wir uns jedoch ausreichend überlegt, ob diese Studienverläufe mit den kontinentaleuropäischen überhaupt vergleichbar sind, ob die jeweiligen Rahmenbedingungen der Universitäten übereinstimmen, ob das auch für die Vorstudien einerseits und für die Berufschancen der Absolventen andererseits gilt? Gibt es bei uns überhaupt eine Akzeptanz auf dem Arbeitsmarkt, oder sprechen wenigstens vergleichende ausländische Bedarfsanalysen dafür? – Nichts davon ist untersucht.

Nun wird uns freilich mitgeteilt, daß ohnehin jede Fakultät beziehungsweise Studienrichtung selbst bestimmen kann, ob sie für das Bakkalaureat in Betracht kommt. Ich sage gleich vorweg: nach meiner Überzeugung weder für die Medizin noch für die Rechtswissenschaften. Schmalspurmediziner oder auch nur Schmalspurjuristen sollten wir uns nicht leisten!

Oder wollen wir – um in meinem Fach zu bleiben – hinkünftig primär Rechtspfleger ausbilden? –Wäre das die Zielvorstellung, so müßte ich – freilich gegen mein politisches Credo – dem Ressortchef darin zustimmen, daß man diesfalls für die betreffenden Zweige der rechtswissenschaftlichen Berufsvor bildung – richtiger dann wohl: praxisorientierten Berufsaus bildung – besser zu Lehrgängen an Fach hochschulen überginge.

Die Alternative – bei wissenschaftlicher Ausrichtung auch des Bakkalaureatsstudiums – hieße sonst, lediglich jenen Studierenden, die kein volles Diplomstudium absolvieren wollen oder können – gleichsam in einer Art "mittleren Reife" auf Hochschulebene – einen akademischen Titel zu verleihen, dies aber, ohne ihnen damit zugleich eine echte Berufsperspektive zu eröffnen. Beides lehnen wir Freiheitlichen daher gleichermaßen ab.

Im übrigen ist es eine Desinformation der Öffentlichkeit, wenn es zunächst beruhigend hieß, daß die Einführung des Bakkalaureatsstudiums ohnehin eine autonome universitäre Entscheidung


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