Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 146

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Ich denke zum Beispiel daran, daß es derzeit erst nach vier Jahren möglich ist, einen akademischen Grad zu erwerben. Das ist ein großer Unterschied auch zu anderen europäischen Ländern. Studierende brauchen in Österreich im Schnitt zwei Jahre länger als in vergleichbaren Ländern – das hat viele Gründe; das liegt sicher auch an verschiedenen organisatorischen Maßnahmen, aber auch am Angebot für die Studierenden in unserem Land –, und eine große Zahl von Studierenden schließt ihr Studium nicht ab. Auch das muß uns zu denken geben. Das heißt, wir haben international betrachtet eine sehr hohe Drop-out-Rate, und wir können uns, wie ich meine, auch mit diesem Umstand nicht zufriedengeben und müssen darüber nachdenken, wie wir diesen Umstand beheben können.

Das Universitäts-Studiengesetz sieht ausschließlich ein zweistufiges Studiensystem vor. Der vorliegende Gesetzentwurf würde eine Ergänzung zum bestehenden System darstellen. Die europäischen Staaten – das ist, wie ich meine, auch ein sehr schwerwiegender Grund für diese Neuerung im Studiensystem, und Sie haben ihn angesprochen, wenngleich ich eine andere Interpretation dieser Entwicklung habe – erarbeiten derzeit eine neue, gemeinsame Struktur für die Hochschulbildung, auf der Grundlage des international verbreiteten Systems Bachelor, Master und Doktor.

Ein Problem, das wir mit dieser Vorlage ebenfalls beheben können, ist der Umstand, daß Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Rahmen einer berufsbildenden höheren Schule erworben werden, derzeit nicht auf ein Unversitätsstudium angerechnet werden können. Das könnten wir mit dieser Vorlage ebenfalls verändern.

Das vorliegende Universitäts-Studiengesetz bietet, wie ich meine, Antworten auf diese Herausforderungen. Es wird ein vollwertiger akademischer Grad bereits nach drei Jahren Studienzeit möglich sein. Das Universitäts-Studiengesetz 1997 wird durch das dreistufige Studiensystem ergänzt. Sie haben selbst davon gesprochen, daß die Studienkommissionen – ich meine, völlig zu Recht – den Vorschlag machen müssen, ob es zu einem dreistufigen System kommen soll, und es werden auch die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen, daß Kenntnisse, die an einer berufsbildenden höheren Schule erworben worden sind, auch bereits Gültigkeit für die Studienzeit haben. Der Vorsitzende der Studienkommission kann über abgelegte Prüfungen befinden und diese dann auch anerkennen.

Das heißt, wir sind hier einen weiteren Schritt in die Richtung gegangen, das gesamte Bildungssystem in Österreich durchlässiger zu gestalten. Ich selbst bin in der Erwachsenenbildung tätig und weiß daher, wie wichtig die Ergänzung der einzelnen Bestandteile des österreichischen Bildungssystems ist. Im Sinne des lebensbegleitenden Lernens ist es im Rahmen des dreigliedrigen Systems leichter, den Bachelor-Abschluß zu machen, anschließend, nach diesem akademischen Grad, in der Wirtschaft tätig zu sein, sich dort auch neue Erfahrungen anzueignen, vielleicht nach einigen Jahren den Magister-Abschluß zu machen, anschließend vielleicht wieder im beruflichen Umfeld tätig zu werden, um dann, wenn es gewünscht wird, mit einem Doktorats-Abschluß eine wissenschaftliche Karriere zu beginnen.

Ich denke, daß auf der einen Seite diese Durchmischung von Studien an der Universität und auf der anderen Seite das Sammeln von Erfahrung in der Wirtschaft zweifellos auch eine Belebung für den Universitätsbetrieb darstellen und natürlich auch die Qualifikationen der einzelnen Absolventen und Absolventinnen verbessern kann. Dieser Wechsel von Theorie und Praxis, von Lernen an der Uni und Erfahrung sammeln in der Wirtschaft, ist, wie ich meine, auch ein wichtiger Bestandteil für eine praxisnähere Ausbildung im Bereich der Universitäten.

Im übrigen ist rund die Hälfte aller Studierenden berufstätig. Auch das ist ein Umstand, mit dem wir uns in Zukunft sicherlich intensiver befassen müssen. Die Prozentsätze in diesem Bereich sind stark im Steigen begriffen. Es gibt immer mehr Studierende, die neben dem Studium arbeiten wollen und arbeiten müssen, und wir können mit der vorliegenden Regelung auch Möglichkeiten schaffen in der Form, daß die Universitäten verpflichtet werden, bei der Erstellung der Lehr- und Prüfungsangebote auf die Bedürfnisse der berufstätigen Studierenden stärker Rücksicht zu nehmen.


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