Bundesrat Stenographisches Protokoll 657. Sitzung / Seite 150

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich sehe dieses unbedingte Musterschüler-sein-Wollen als Nachteil für die Republik, aber insbesondere für die Studenten. Der bekannte Pädagogik-Professor Marian Heitger meint dazu: Die Einführung des Bakkalaureats soll den Schein von Reformaktivitäten erzeugen, die Abbrecherquote senken und einen akademischen Grad auf niedrigem Niveau ermöglichen. – Ja, damit wird Professor Heitger recht haben.

Auch Professor Neisser – er ist auch Zweiter Präsident des Nationalrates – übt grobe Kritik, indem er sagt, das Gesetz betreffend das Bakkalaureat sei grob fahrlässig und überstürzt, und er werde dem Gesetz nicht zustimmen. Das hat er in der Form gemacht, daß er der Abstimmung fernblieb; insofern ist er seinen Kollegen nicht in den Rücken gefallen.

Auch weitere Professoren haben Kritik geübt, wie zum Beispiel Professor Paschen. Er hat eine Anzeige in den Tageszeitungen geschaltet, in der er sich über die Novelle des Universitäts-Organisationsgesetzes bitter beklagt.

Es bleibt mir daher nur zu sagen: Was ist überhaupt ein Bachelor?, fragt der Präsident der Kultusministerkonferenz in Deutschland Hans-Joachim Maier. – Das Wort "Bachelor" hat drei Bedeutungen: Die erste ist Junggeselle – vielleicht sogar Junggesellin –, die zweite ein jüngerer Seehund, der während der Brunst ohne Weibchen dasteht, also wahrlich ein armer Hund ist (Heiterkeit), und an dritter Stelle wird erst der akademische Grad des Bachelors erwähnt. Ich hoffe, es sind nicht arme Hunde, die ihn machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.42

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Eleonora Hostasch. Ich erteile es ihr.

17.43

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine leicht humoristische Antwort: Das Bakkalaureat-Studium ist freiwillig, es wird keiner dazu gezwungen. Es ist auch niemand gezwungen, das Bakkalaureat einzuführen, wie es im Gesetz festgelegt ist. – Aber erlauben Sie mir doch ein paar grundsätzliche Feststellungen zu diesen beiden Gesetzen zu machen.

Es wurde schon von der Berichterstatterin, aber auch vom Herrn Bundesrat Ludwig erwähnt, daß durch diese Sorbonne-Erklärung ein neuer politischer Impuls gegeben wurde – auch wenn nicht unmittelbare politische Relevanz gegeben war –, die Diskussion über ein dreistufiges Studiensystem zu intensivieren. Es ist ein Faktum, sehr geschätzte Damen und Herren, daß, nachdem sich auch Deutschland für diesen Weg entschieden hat, Österreich, Griechenland, Italien und die Niederlande die einzigen Länder der Europäischen Union – aber auch darüber hinaus – sind, die das dreistufige Verfahren im Studienrecht nicht verankert haben.

Ich glaube daher, daß es richtig war, in dieser sehr behutsamen, doch sehr vorsichtigen Form dieses neue ergänzende System möglich zu machen. – Ich sage bewußt "möglich zu machen", weil nicht der Minister von sich aus die entsprechenden Entscheidungen zu treffen hat, sondern – ich verweise da auf die Bemerkungen des Herrn Bundesrates Professor Böhm – nur über Vorschlag der Studienkommission beziehungsweise der Universität die Möglichkeit besteht, daß durch den Minister die Anerkennung erfolgt und dementsprechend auch im Sinne des Gesetzes entschieden werden kann.

Ich glaube, daß wir unsere Erfahrungen mit diesem Zugang zu dem System zu sammeln haben werden. Ich pflichte den von Herrn Bundesrat Professor Böhm genannten Kritikpunkten bei, was die Frage der Durchlässigkeit, die Frage der Anerkennung und nicht zuletzt auch was die Frage der Arbeitsmarktrelevanz betrifft. Genau jene Punkte waren es, die auch in der Begutachtung einen großen Stellenwert eingenommen haben. Ich kann das sogar aus eigener Wahrnehmung sagen, weil ich selbst die Chance habe, im Universitätsbeirat der Universität für Bodenkultur zu sein, und es mir andererseits natürlich auch meine Nähe zu den Arbeitnehmerorganisationen möglich gemacht hat, die Diskussion auch in diesen Institutionen mitzuverfolgen, und ich weiß, daß sie gerade diesen Themen einen großen Stellenwert beigemessen haben.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite