Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 5

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Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich eröffne die 660. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 659. Sitzung des Bundesrates vom 21. Dezember 1999 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Krank gemeldet hat sich das Mitglied des Bundesrates Hedda Kainz. Ansonsten liegen mir keine Krankmeldungen und Entschuldigungen vor. Wir sind daher in sehr hoher Zahl präsent.

Antrittsansprache

9.04

Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wie man sieht, geht es den Rednern am Rednerpult etwas besser als den Präsidenten. Die Redner brauchen nämlich nur ein Knopferl zu betätigen, um das Pult in die geeignete Höhe zu stellen. Für mich muss es hingegen eigens aufgestellt werden! (Bundesministerin Hostasch: Das ist Arbeitsplatzbeschaffung!)

Meine Damen und Herren! Seit 13 Jahren, also 26 Mal, haben Bundesratspräsidenten ihre Antrittsrede aus der gesicherten Position des Angehörigen einer der beiden Regierungsparteien gehalten. Sie konnten bei Ankündigungen über Vorhaben – sei es betreffend die Stellung des Bundesrates oder betreffend den Föderalismus allgemein – sicher sein, dass sich die Dinge auch so entwickeln werden, wie sie von ihnen dargestellt wurden. Zweimal konnte auch ich schon aus dieser sehr komfortablen Position heraus dem Bundesrat anlässlich der Übernahme des Vorsitzes durch das Bundesland Wien meine Überlegungen darlegen. – Diesmal sind die Bedingungen anders.

Gestatten Sie mir daher, gleich zu Beginn zu sagen: Ich verspreche Ihnen, all mein Bemühen darauf zu konzentrieren, die mir in diesem Halbjahr übertragenen Aufgaben gewissenhaft und ohne Parteilichkeit zu erfüllen. Der Bundesrat hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass seine Mitglieder untereinander in menschlich guter Art und Weise miteinander verkehrt sind. Auch wenn manche Töne in der Debatte etwas zu rau waren, waren sie eben von der Überzeugung getragen, für das Richtige zu kämpfen. Sehr selten mündeten sie aber in Verächtlichmachung oder persönlicher Diffamierung. Ich hoffe, diese Gesinnung wird den Bundesrat auch weiterhin, trotz harter Auseinandersetzungen, die selbstverständlich auf Grund von Neupositionierungen zu erwarten sind, auszeichnen.

Meine Damen und Herren! Zu Beginn eines neuen Jahrhunderts erliegt man – auch mir bleibt das nicht ganz erspart – der Versuchung, den Blick auch auf Vergangenes zu richten. Vor 80 Jahren hat sich unsere Republik jene Verfassung gegeben, auf der auch heute noch unser Gemeinwesen ruht. Die Änderungen, die sie im Laufe der Zeit erfahren hat, entsprangen verschiedensten Notwendigkeiten und politischen Überlegungen – Überlegungen, wie denn das gesellschaftliche Zusammenleben geregelt sein soll. Niemals aber wurden ihre Grundprinzipien in Frage gestellt. Daher bin ich der Überzeugung, dass an Überlegungen, welche Änderungen die Zeit oder geändertes politisches Wollen notwendig erscheinen lassen, mit Bedacht, Geduld und hohem Verantwortungsbewusstsein herangetreten werden muss.

Im Zuge der Beratungen zum Regierungspakt zwischen FPÖ und ÖVP ist bekannt geworden, dass auch die Umsetzung des Perchtoldsdorfer Übereinkommens Teil davon sein soll. Dieses gibt in Punkt 8 wieder, dass eine grundsätzliche Reform des Bundesrates im Sinne der Stärkung seiner Stellung als Länderkammer anzustreben ist. Diese sehr offene Formulierung wurde von einigen ÖVP-Landeshauptleuten in die Richtung interpretiert, dass die Einrichtung eines gebundenen Mandats der Bundesräte geschaffen werden soll.

Ich bin der Überzeugung, dass gerade das freie Mandat eine Grundlage für die politischen Arbeits- und Gestaltungsmöglichkeiten jedes einzelnen Bundesrates ist, dass das freie Mandat eine Garantie für die Unabhängigkeit jedes einzelnen Bundesrates bietet und dass nur ein


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