Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 39

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Sie sagten so stolz: Österreich ist außenpolitisch handlungsfähig! – Oh ja! Ich nehme an, in jeder Botschaft hebt jemand das Telefon ab, der Portier sitzt auch an seinem Platz, und ich gehe davon aus, dass der geschützte Parkplatz für den Dienstwagen vor dem Haus auch noch vorhanden ist. Sonst noch etwas? – Besteht die Basis für ein vertrauliches und vertrautes politisches Gespräch, bei dem eine seriöse Chance besteht, österreichische Interessen durchzusetzen? Glauben Sie das wirklich, Frau Staatssekretärin? Glauben Sie wirklich an die Chance, für Anliegen dieses unseres Landes, für Anliegen, die wir gemeinsam teilen, für die wir gemeinsam eintreten, die wir mit Beschlüssen abgesichert haben, Partner zu finden? (Bundesrat Ledolter: Glauben Sie, dass das ein sozialistisches Privileg ist?)  – Nein! Es ist das Privileg eines Landes, das in der Staatengemeinschaft jenes Ansehen genießt, auf das sich die Frau Staatssekretärin berufen hat und dem das Ansehen der bisherigen Bundesregierung entspricht. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Dr. Liechtenstein. )

Unsere EU-Partner, die amerikanische Regierung und viele andere Staaten haben zum Aus-druck gebracht, dass Österreich im Begriff ist – nein, selbstverständlich nicht Österreich; dass die Österreichische Volkspartei im Begriff ist –, eine Entscheidung zu treffen, die ebendieser außenpolitischen Handlungsfähigkeit unseres Landes schwersten Schaden zufügen wird. All diese Staaten – die 14 EU-Länder, die USA und Norwegen – haben uns mitgeteilt, dass sie daraus Konsequenzen ziehen werden. Sie haben es an diesem Tage, von dem wir sprechen, erstmals öffentlich getan, nachdem Sie gemerkt haben, dass monatelange persönliche Kontakte, politische Kontakte offensichtlich nicht ausgereicht haben, die Regierung – nein, einen verantwortlichen Politiker, der zufällig auch Außenminister ist – dieses Landes von einem verhängnisvollen Kurs abzubringen. Sie haben uns klar und deutlich zu verstehen gegeben (Bundesrat Dr. Böhm: ... welche Regierung sie wünschen!), dass es in der Europäischen Union einen Wertekanon gibt, den man nicht ungestraft verletzen kann.

Meine Damen und Herren! Das ist nichts, was man diesen Leuten beschwichtigend ausreden kann, obwohl Herr Dr. Schüssel genau diesen Eindruck zumindest verbreiten wollte. Es ist nicht so, dass diese unsere Partner ihre Vorstellungen pflichtübungsmäßig abliefern, der Außenminister oder ÖVP-Obmann daraufhin ein wenig betroffen in die Gegend schaut und sagt: Na ja, so ganz Unrecht haben sie nicht!, sich aber denkt: So tragisch wird das alles nicht werden! Genau diese – wie wir gestehen müssen – ein bisschen österreichische Haltung haben unsere Partner vermutlich befürchtet, und deshalb lassen sie es dabei nicht bewenden.

Es ist auch nicht so, dass diese Länder, diese Regierungen uns nun unterstellen, dass Österreich durch diese Regierungsbildung ein Naziland wird, denn rechnen können diese auch, und daher wissen sie, dass 73 Prozent der Österreicher diese Partei, deren Vorsitzender sich für diese skandalösen Entgleisungen immer nur so ein bisschen entschuldigt, nicht gewählt haben. Natürlich steht in Österreich nicht 1938, die Machtergreifung oder sonst etwas bevor. Darauf haben all diese Regierungen hingewiesen. Aber was hier bevorsteht, ist die Erklärung der Salonfähigkeit einer solchen politischen Haltung. (Bundesrat Hensler: Das ist unter Bruno Kreisky so gewesen!)

Das ist diesem Ausland mit Recht nicht so vorgekommen, denn das Österreich der letzten 30 Jahre hat sich schrittweise – das nicht nur durch Bruno Kreisky, ganz im Gegenteil! – jene internationale Respektabilität erworben, von der die Frau Staatssekretärin gesprochen hat und von der vielleicht Herr Dr. Schüssel gehofft hat, illegitimer Weise noch ein Weilchen zehren zu können. Aber diesen "Vorratsaufbrauch" haben unsere Partner nicht akzeptiert.

Österreich hat so wie andere Länder rechtsextreme populistische Bewegungen, deren Verhaltensweise, politischer Wertekanon und Versuch, Gefühle der Bevölkerung zum Negativen aufzuwühlen, Erfolg versprechend sind. Es gibt das also auch in anderen Ländern, aber in keinem dieser Länder denkt eine konservative, christlich-demokratische Partei darüber nach, mit diesen Parteien Koalitionen zu bilden. Das sollte sich der Herr Außenminister hinter die Ohren schreiben! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich verstehe natürlich, warum Herr Dr. Haider gerade Präsident Chirac mit Hass und Hohn und Beschimpfung überzogen hat. (Bundesrat Mag. Himmer: Ein alter Parteifreund von Ihnen!)  –


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