Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 40

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Was? Das ist wahrlich kein Parteifreund von mir, aber ein Mann, der für genau diese Haltung steht! (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. ) Haider hat Chirac vorgeworfen – wenn das überhaupt ein Vorwurf ist –, er habe so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen könne. Ich sage hingegen – viele demokratische, konservative Franzosen sagen das auch –: Er hat alles richtig gemacht, was man richtig machen kann, auch wenn er dabei schwere politische Opfer bringen musste. Denn Jacques Chirac, demokratisch durch Mehrheit legitimierter Präsident seines Landes, hat seine Popularität und seine politische Kraft eingesetzt, um der demokratischen Rechten seines Landes den Gedanken an eine Koalition mit Le Pen auszutreiben. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Dr. Liechtenstein. )

Das ist nicht ohne Verluste abgegangen, es hat ihm Popularität und seiner Partei Stärke gekostet. Aber genau das ist eben die Frage: Wofür stehen wir? Für die engsten Interessen unserer Partei oder für eine gesellschaftspolitische und manchmal auch geschichtliche Aufgabe? – Jacques Chirac hat sich entschieden, dafür hat er sich Jörg Haiders Beschimpfungen und unsere Hochachtung verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich muss mich bei den Kollegen von der Freiheitlichen Partei, die mich immer so erwartungsvoll anschauen, geradezu entschuldigen. Der Basilisk in diesem politischen Theaterstück kommt in meiner Wortmeldung nicht wirklich vor. Sie sind das Thema dieser Debatte, nicht der Partner. Über Sie gibt es ein politisches Urteil, über das wir uns nicht schreiend zu verständigen brauchen, es gibt einen europäischen Konsens, wie dieses Urteil auszufallen hat. (Bundesrat Hagen: Von wem ist es ausgegangen? Haben Sie Zeitung gelesen?) Die Frage ist, ob man bereit ist, mit den "Schmuddelkindern" eine Regierung zu bilden oder nicht, die Frage ist nicht, ob es sich um "Schmuddelkinder" handelt. (Bundesrat Ing. Scheuch: Eine "schöne" Sprache!)

Herr Kollege! Sie gehören zu jenen, die sich mit Recht betroffen fühlen dürfen, wenn der Herr Bundespräsident über einen bestimmten Typ freiheitlicher Funktionäre spricht. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Ing. Scheuch. ) Wir werden das ohnehin in einem Jahr, so nehme ich an, erleben, ansonsten würde ich Sie ersuchen, in jenes Schweigen zu verfallen, das Ihrem Wortschatz angemessen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Was an dieser Stelle nur noch gesagt werden muss, ist Folgendes: Wir werden dieses Land dagegen verteidigen, von dieser künftigen Regierung in Geiselhaft genommen zu werden. Es ist die Regierung des – künftigen! – Bundeskanzlers offensichtlich, die Regierung dieser beiden Regierungspartner, die eine bestimmte Politik zu vertreten und zu verantworten und für ihre Folgen gerade zu stehen hat. Es sind nicht die Österreicher, die als Neonazis verdächtigt werden, es sind nicht die Österreicher, denen etwas vorgeworfen wird, sondern es sind ganz bestimmte Politiker, deren Verhalten, welches nach Meinung vieler ein Fehlverhalten ist, nun angeprangert wird.

Noch etwas sei hier gesagt: Es ist absolut unzulässig, eine Dichotomie zwischen dem demokratischen Recht der Österreicher, über ihre Regierung zu entscheiden, und jenem unserer europäischen und anderen Partner aufzubauen und zu sagen: Wenn dieses Land eine derartige Regierung hat, dann sind wir nur in einem begrenzten Umfang bereit, diese Partnerschaft aufrecht zu erhalten.

Erstens ist der freie Wille, eine solche Regierung zu bilden, bis in diesem Augenblick und darüber hinaus gegeben. Es kann nur niemand sagen, er habe die Folgen nicht gekannt, denn diese liegen auf dem Tisch. Wer sich jetzt für diese Regierung entscheidet – als Regierungsbildner oder als Parlamentarier, der dieser zustimmt –, der weiß, worauf – nicht er, er trägt die wenigsten Opfer! – sich dieses Land einzustellen hat.

Zweitens: Wer hat denn die Österreicher gefragt, ob sie diese Regierung wollen? (Bundesrat Ing. Scheuch: Sie will man offensichtlich nicht mehr!) Es gibt 54 Prozent der Stimmen für zwei Parteien. (Bundesrat Hagen: Demokratische Mehrheit!) Aber der nicht anwesende Herr Kollege Schüssel behandelt seine 27 Prozent wie ein Aktienpaket, das er günstig in der Baisse erworben hat. Seine Wahlkampfaussagen gingen nämlich in eine ganz andere Richtung. Ich lade Sie ein, die Probe aufs Exempel zu machen, ob die Österreicher eine solche Regierung wollen. Ich hätte


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