Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 49

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Jeder von uns weiß, dass natürlich auch das Demokratieverständnis von Herrn Haider eine eigene Perspektive für sich ist. Ich darf Ihnen einige Worte und Zitate des Parteivorsitzenden der Freiheitlichen Partei hier vom Pult aus noch einmal näher bringen, um der Gefahr zu begegnen, dass man diese Aussagen vergisst. – Bei diesem Stoß an Wissenswertem bekommt man einen trockenen Mund. Gestatten Sie mir daher, einen Schluck Wasser zu nehmen.

Haider hat den "totalen Krieg" festgestellt, den totalen Krieg der SPÖ und der ÖVP gegen die FPÖ.

Den Revisionismus hat er insoweit zitiert, als er sagte: Ich habe gesagt, dass die Wehrmachtssoldaten die Demokratie in Europa, wie wir sie heute vorfinden, ermöglicht haben. Hätten sie nicht den Widerstand geleistet, wären sie nicht im Osten gewesen, hätten sie nicht die Auseinandersetzung geführt, dann hätten wir ... – Was haben wir tatsächlich im Osten als Soldaten gemacht? Er spricht vom "Ausmisten", er spricht vom "Vernichten der Großparteien", er spricht vom "Gaunerpack": "Ich weiß nicht, ob ihr Journalisten der Demokratie einen Dienst erweist, wenn ihr dieses Gaunerpack so glorifiziert." – Mit "Gaunerpack", meine Damen und Herren, waren ÖVP und SPÖ als Koalitionspartner gemeint. Er spricht auch von "roten und schwarzen Filzläusen, die mit Blausäure bekämpft werden sollen".

Meine Damen und Herren! Ihren Magen möchte ich haben: So etwas in so kurzer Zeit vergessen zu können und damit gemeinsame Sache zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein ganz bemerkenswertes Zitat darf ich Ihnen auch zu Gemüte führen: Für die FPÖ-Spitze ist nicht die braune Brut die Gefahr in Wien. Nicht die braune Brut ist die Gefahr, sondern das rote Gesindel. – Meine Damen und Herren! Dieser Satz alleine macht es uns Sozialdemokraten unmöglich, mit Haider oder der FPÖ in einer Regierung gemeinsam zu arbeiten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Kollege! Für Sie habe ich auch ein Zitat bereit, womit er Sie gemeint hat, allerdings in der Form der ÖVP: Er spricht hier von "Parasiten". Ich sollte Ihnen das eigentlich vorlesen, damit Sie wissen, was ich meine. Er geht davon aus, "die FPÖ ist der Anwalt der fleißigen, tüchtigen und anständigen Bürger. Tagediebe, Taugenichtse und Schmarotzer sollen sich die Roten und Schwarzen teilen." Wenn man davon ausgeht, was er sagt, meint er: Die Tüchtigen haben FPÖ gewählt, die restlichen 63 Prozent sind Taugenichtse, Schmarotzer. Diese Verunglimpfung ist zurückzuweisen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wie sich die ÖVP in Zukunft mit diesen Themen auseinander setzen wird, ist ihre Sache. Nur eines bedrückt mich sehr, meine Damen und Herren: Bisher war diese Art der Ausdrucksweise national begrenzt. Zuerst ein bisschen in Kärnten, dann hat es auf Österreich übergegriffen, die Biertische waren die Grundlage dafür, und jetzt beginnen wir bereits, über unsere Grenze hinaus Verbalinjurien zu betreiben in der Person des Jörg Haider, die in der Verunglimpfung des französischen Präsidenten und der belgischen Regierung ihren Gipfel gefunden haben.

Meine Damen und Herren! Gleichzeitig aber wehleidig zu klagen, irgendjemand sei schuld, dass die Öffentlichkeit, dass andere Staaten ein Problem mit Österreich als Partner für die Zukunft sehen, ist heuchlerisch und scheinheilig. Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, ob Sie hier nicht einen falschen Weg eingeschlagen haben.

Ich darf Ihnen auch noch eine Kleinigkeit dazu sagen: Natürlich bringen es solche Auseinandersetzungen mit sich, dass manche, die bisher ruhig waren, die sich nicht getraut haben, ans Licht zu kommen, jetzt irgendwo hervorkommen und ihren Beitrag in ihrer Art und Weise und Möglichkeit leisten. Eines möchte ich Ihnen, bevor ich so eine Aussage dann auch noch zitiere, in Erinnerung rufen: Wie wird heute gejammert, betrauert, bestritten, Unterstellung geheißen, wenn Österreich als Nazi-Land bezeichnet wird? – Wir haben dem Herrn Bundeskanzler – dafür danke ich Ihnen – und dem Herrn Bundespräsidenten zu danken, die an vorderster Front dafür sorgen, in der Öffentlichkeit darzustellen, dass Österreich kein Nazi-Land ist.

Meine Damen und Herren! Jetzt muss auch die Kollegenschaft der Freiheitlichen Partei ein bisschen mehr zuhören, denn damals waren diese Kollegen wahrscheinlich in großen Teilen


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