Bundesrat Stenographisches Protokoll 660. Sitzung / Seite 52

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zusammengehen, dann gefällt uns das zwar nicht, und zwar im Hinblick auf eine politische Veränderung in diesem Land, aber wir werden die Opposition weiter machen und werden halt das nächste Mal noch stärker werden! – Das ist eine legitime Ansage in der Demokratie, die sich von dem gegenwärtigen Verhalten der Sozialdemokratie – das muss ich sagen – angenehm unterscheidet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist sehr wortreich und durchaus ins Detail gehend aufgezeigt worden, dass man in der Genesis des Herrn Dr. Haider, der nun auch seit fast 15 Jahren Parteiobmann der Freiheitlichen Partei ist, durchaus einen Zickzackkurs erkennen kann. Ich stimme dem zu. Ich stimme diesen Widersprüchen, die hier dargestellt worden sind, zu, ich streite die historische Wahrheit im Großen und Ganzen nicht ab, dass das auch als Zickzackkurs interpretiert werden muss. Aber eines möchte ich schon auch sagen: Er ist nicht der Einzige, er ist nicht der Einzige in diesem Land, er ist nicht der Einzige in Europa, und er ist nicht der Einzige auf der Welt. Diesbezüglich sollten wir schon die Kirche im Dorf lassen. (Bundesrätin Fuchs: Bekenntnis ist der erste Schritt zur Besserung! – Weiterer Zwischenruf des Bundesrates Konecny. )

Herr Konecny! Ich habe einmal Aussagen von Ihnen aus dem Jahr 1968 gelesen; das war auch eine lustige Zitatensammlung, und ich glaube nicht, dass Sie heute noch 100-prozentig dazu stehen. Der Bundesgeschäftsführer der SPÖ hat zu einem Zeitpunkt mit dem Moskauer Boden geschmust, als es die Sowjetunion noch gegeben hat. Ich glaube nicht, dass das jetzt als seine erste Aktion gezählt werden sollte. Bundeskanzler Vranitzky, der sehr viel für dieses Land getan hat, der immerhin wesentlich dazu beigetragen hat, dass es nach Europa gekommen ist, war auch einer, der sich beeilt hat, in dem Regime der DDR noch schnell einmal einen Handshake zu machen, während diese schon beim Zusperren waren. Also man muss auch hier die Kirche im Dorf lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Sie zitieren zu Recht Erhard Busek. Wir können aber genauso zu Recht Helmut Zilk zitieren, der in einer sehr bemerkenswerten Art und Weise als Sozialdemokrat im deutschen Fernsehen reagiert hat und eindeutig das Land vor die Partei gestellt hat. Der heutige Bürgermeister von Wien hat mit seinem Zitat, dass man im Bedarfsfall die Volkspartei in die Regierung zwingen muss, ein gehöriges Schäuferl dazu beigetragen, dass die Funktionäre der Volkspartei immer weniger mit der Sozialdemokratie zusammenarbeiten wollten. Das war ein toller Beitrag des Wiener Bürgermeisters. Aber ich möchte – Kollege Marizzi hat mich vorhin schon ermahnt, Bruno Kreisky nicht zu vergessen – auch Bruno Kreisky zitieren, der einmal gesagt hat, er lasse sich von niemandem verbieten, klüger zu werden. – Das steht auch jedem hier im Raum offen, das schließt auch Herrn Haider und die neue Opposition mit ein. (Bundesrat Prähauser: Ein wahres Wort!)

Eine große Frage stellt sich für mich angesichts der Wucht, mit der die Sozialdemokratie gegen eine Regierung, die noch nicht einmal angelobt ist, vorgeht: Wer in diesem Land hat ein Interesse daran, dass es zu einer Normalisierung kommt? Wer von der Sozialdemokratie ist interessiert daran, dass die Freiheitliche Partei durch die Regierungsverantwortung in Positionen kommt, denen Zähne genommen werden, die nicht die Zustimmung vieler gefunden haben? – Wenn man die Sozialdemokratie dazu einladen würde, eine Freiheitliche Partei nach ihrem Wunsch zu gestalten, dann – den Eindruck habe ich – würde sie sich genau solch eine Partei zusammenbauen, die sich sozusagen in ihren Zitaten abzeichnet. Warum? – Der strategische Politikansatz einiger strategisch durchaus kluger Sozialdemokraten – man muss sich nicht an alles halten, was ein kluger Stratege in der Positionierung plant – war natürlich immer: Wenn die Freiheitliche Partei nicht regierungsfähig ist, dann kann die Macht der Sozialdemokratie länger erhalten bleiben, weil sich die Optionen erübrigen. Und diese Optionslosigkeit, die Tatsache, dass man nur mit den Sozialdemokraten zusammenarbeiten kann, ist das erklärte Ziel. Wenn man all Ihren Reden Glauben schenkt, kommt man zu dem Schluss: Es gibt in Österreich nichts anderes als einen sozialdemokratischen Bundeskanzler! Alles andere darf nicht sein.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Viele von Ihnen verwechseln die Republik mit der Partei! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)  – Das ist mir als gelerntem Wiener übrigens nichts Neues.


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