Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 27

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Die Stärkung des Parlamentarismus ist ein wichtiges Anliegen dieser neuen Regierung. Ich betone das ausdrücklich, weil es nicht selbstverständlich für Regierungen ist, dass sie auch am Ausbau der Minderheits- und Oppositionsrechte in einem Parlament interessiert sind. Das ist ein wichtiges und großes Anliegen von uns, zu dem wir uns auch bekennen. Das ist auch der Unterschied, so glaube ich, zu 30 Jahren von von Sozialdemokraten geführten Regierungen.

Dieser Umstand erklärt auch ein wenig, warum die Angst, der Schrecken und die Panik vor dem Gang in die Opposition bei Ihnen so groß sind, weil Sie wahrscheinlich ein bisschen (Bundesrätin Schicker: Die Angst ist in der Bevölkerung, Frau Vizekanzler!) davon ausgehen, dass auch Sie so, wie Sie die Opposition jahrelang behandelt haben, nämlich als lästiges Anhängsel im parlamentarischen Alltag, behandelt werden. Ich kann Ihnen – ich habe das auch im Nationalrat gesagt – versichern, dass wir uns auch in diesem Fall an Ihnen kein Beispiel nehmen werden, sondern wir werden einen sehr offenen und direkten Diskurs auch mit den Oppositionsparteien pflegen. Das gilt für die gesamte Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich begrüße es sehr, Herr Kollege Konecny, dass Sie gesagt haben, Sie werden eine harte und durchsetzungsfähige, aber auch konstruktive Opposition sein. Bis jetzt habe ich jedoch außer dem verbalen Bekenntnis zur konstruktiven Zusammenarbeit mit den Regierungsparteien noch nicht viel davon bemerkt (Bundesrat Konecny: Wir haben ja noch nichts gesehen! – Bundesrat Prähauser: Sie haben noch nichts getan!), aber ich hoffe, dass Ihr Wort bei Ihren Kollegen hier in diesem Hause und auch im Nationalrat Gehör findet. Kritik der Opposition an der Regierung ist natürlich legitim, auch harte Kritik ist legitim, aber was nicht legitim ist (Bundesrätin Schicker: Das haben Sie ja auch gemacht! Nichts anderes!), meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, ist, diese Kritik umzumünzen in eine Spaltung der Gesellschaft – und das ist genau das, was Sie derzeit tun! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gibt nämlich in diesem Lande seit zwei Wochen zwei Wirklichkeiten: Es gibt die veröffentlichte Meinung auf der einen Seite, und es gibt die öffentliche Meinung auf der anderen Seite. Diese beiden Meinungen divergieren gravierend. Die Darstellung der medialen Berichterstattung lautet so: Das ganze Land ist in Aufruhr gegen diese Regierung, niemand will diese Regierung haben (Bundesrätin Schicker: Wir reden mit den Menschen! Wir wissen, dass ...!), alles, was sich diese Regierung vorgenommen hat, ist schlecht. – Die tatsächliche Wirklichkeit ist anders. Herr Kollege Konecny, Sie haben uns anempfohlen, mit den Bürgern zu reden. Das tun wir jeden Tag. (Im Sitzungssaal ist das Läuten eines Handys zu vernehmen. – Bundesrat Konecny: Sogar mit Handy!) Ich weiß nur nicht, mit wem Sie sprechen, denn meine Erfahrung, Herr Kollege Konecny – das hat auch das Wahlergebnis vom 3. Oktober gezeigt –, ist, dass viele, viele Menschen in diesem Land, die Mehrheit der Bürger dieses Landes (Bundesrätin Schicker: Die FPÖ wollen!) einen Wandel und einen Wechsel in dieser Demokratie gewählt und auch gewünscht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Dieser Wandel hat stattgefunden, und das ist in einer Demokratie auch zu akzeptieren.

Sie, Herr Kollege Konecny, haben davon gesprochen, dass jemand in Geiselhaft genommen wird. Ich weise das wirklich mit Nachdruck zurück, denn das Einzige, was ich bisher in Verbindung mit Menschen, die in Geiselhaft genommen werden, gesehen habe, ist die Organisation, die von Seiten der SPÖ und vieler ihr nahe stehenden Organisationen im Zusammenhang mit den Demonstranten wahrgenommen wird. Herr Kollege Bieringer hat schon auf einiges hingewiesen. Es ist – man braucht sich das nur anzusehen – vom VSStÖ über die Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter bis hin zur SPÖ als Partei täglich auch der direkte Konnex zwischen den Organisatoren – angeblich unabhängigen Organisatoren – der Demonstrationen und den Parteiorganisationen der SPÖ auf verschiedener Ebene evident.

Ich habe jetzt gerade die jüngste Meldung aus der APA bekommen, in der von einem Schulstreik berichtet wird. Es heißt hier: "Demonstrierende Volksschüler sorgten für Konflikte." – APA-Meldung vom 18. Februar (Ruf bei den Freiheitlichen: Kinder!) Es heißt weiter: Kinder – also Volksschüler – der "Freien Schule Wien" waren mit Sprüchen ausgerüstet wie "Wir fordern eine Grüne Regierung" oder mit Transparenten, auf denen zu lesen war: "Streik: Heute die Schüler, morgen der ÖGB."


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