Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 59

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Diese Regierungserklärung gibt auch allen drei Parteien, die hier im Hohen Haus sind, die Möglichkeit, die Grundsätze ihrer Parteiprogramme auszuleben. Präsident Gerstl gab mir vorhin seine Rede vom 26. Jänner 1994, die ich jedoch nicht verlese. Darin sind die Grundsätze der ÖVP enthalten, darin sind die Grundsätze der SPÖ enthalten, und darin sind die ebenso hehren Grundsätze der Freiheitlichen Partei enthalten. Sie brauchen keine Angst zu haben. Machen Sie die neue Regierung nicht schlecht! Tragen Sie im Ausland dazu bei, dass diese Regierung ein Ansehen hat, indem Sie eine konstruktive Opposition betreiben und nicht immer alles schlecht machen, was die neue Regierung vorhat. (Bundesrat Marizzi: Das wird uns nie gelingen! – Bundesrat Winter: Ihr habt ja keine Grundsätze!)

Wenn sich Kollege Konecny über die Seite 12 der Regierungserklärung aufregt, in der es um die Wiedergutmachung für Zwangsarbeit, Kriegsgefangene und Vertriebene geht, und einen roten Kopf bekommt, als ob er sein Regierungsprogramm auf den Kopf geschrieben hätte, dann muss ich sagen, ich habe wenig Verständnis dafür. Unrecht bleibt Unrecht, Herr Kollege Konecny! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir müssen das gesamte Unrecht ausbaden, Herr Kollege Konecny! (Bundesrat Konecny: Sie haben vorher von 1918 gesprochen in dem Zusammenhang! Wie haben Sie das gemeint?)

Herr Kollege Konecny! Wenn Sie die Friedensverträge von 1918 unbedingt als gerechte Friedensverträge bezeichnen wollen, dann habe ich den Eindruck, Sie haben ein schlechtes Geschichtsverständnis. (Bundesrat Konecny: Und das vergleichen Sie mit 1938?) – Ich rede von 1918, Sie reden von 1938. (Bundesrat Konecny: Als hier von 1938 die Rede war, haben Sie 1918 gerufen!) Ja, gut ... (Bundesrat Konecny: Ich würde gerne wissen, was Sie damit meinen!)

Herr Kollege! Das ist keine Geschichtsstunde! Wir haben die Regierungserklärung zu behandeln. Ich bin aber gerne bereit, mit Ihnen über das Jahr 1918 zu sprechen. (Bundesrat Konecny: Hat 1918 für Sie etwas begonnen, was mit 1938 vergleichbar ist?) – Nein, ich rede nicht damit! (Bundesrat Konecny: Sie reden nicht damit?) Ich habe gesagt: 1918 war der Sündenfall. Ich bin nicht bereit, mit Ihnen über das zu reden. Sie sind hier nicht der Staatsanwalt, Herr Kollege! Sie führen sich als Staatsanwalt und Richter in einer Person auf. (Bundesrat Konecny: Ich gestatte mir, Sie zu fragen, was Sie meinen in Ihrer wolkigen Ausdrucksweise!)

Ich habe auch nicht gefragt, was Sie gemeint haben, als Sie einen roten Kopf bekommen haben, als Sie die österreichischen Kriegsgefangenen nicht einbezogen haben wollten. Das geht doch ein bisschen weit! (Bundesrat Konecny: Das ist eine glatte Unwahrheit! Ich habe gesagt: Dadurch, durch diese Verbindung verzögern Sie die Entschädigung von Leuten, die über 70 Jahre lang alt sind!) Sie haben sie seit dem Jahr 1945 nicht entschädigt. Ihr Kollege Helmer hat es im Jahr 1945 gesagt. (Bundesrat Konecny: Herr Kollege! Ich weiß, was ich sagen darf, ohne einen Ordnungsruf zu bekommen! Sie haben hier die Unwahrheit gesagt!)

Nein, ich habe nichts Unwahres gesagt. Sie haben verzögert, Sie und Ihre Partei. Sie sind ein älterer Mensch, Sie hätten längst auf Ihre Partei einwirken können. (Beifall und Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Alt sein heißt aber noch lange nicht senil sein!)

Kollege Prähauser hat einleitend in seinen Ausführungen gesagt: Österreich braucht ein Ansehen. – Jawohl, Herr Kollege Prähauser, Österreich braucht Ansehen. Dieses Ansehen können wir nur gemeinsam schaffen – die Opposition wie die Regierungsparteien. Österreich braucht Selbstvertrauen! Dazu können wir alle gemeinsam beitragen.

Österreich braucht aber auch gesunde Staatsfinanzen. Zu diesen gesunden Staatsfinanzen kann ich Ihnen nur sagen: 50 Jahre Sozialismus und 30 Jahre Kanzlerschaft waren wahrlich eine schwere Last, denn das Nettodefizit in der Höhe von 109 Milliarden Schilling, welches aufgrund der Konsolidierungsmöglichkeiten und des Stabilitätsziels von 62 Milliarden auf 47 Milliarden heruntergerechnet wird, wird den österreichischen Steuerzahler und Bürger noch lange treffen. (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Hat es nicht der ehemalige Finanzminister Edlinger versäumt, dem Nationalrat bis Ende Oktober einen Budgetentwurf zu übermitteln, diesen vorzulegen? – Jetzt muss ein Provisorium erarbeitet


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