Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 83

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Saller, Schöls, Steinbichler;

Mag. Wilfing, Wolfinger.

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Dringliche Anfrage

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Wissensstand des nunmehrigen Bundeskanzlers zu Reaktionen des Auslandes auf eine Regierungsbeteiligung der FPÖ (1683/J-BR/00)

Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Albrecht Konecny und Genossen an den Bundeskanzler.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Albrecht Konecny als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

17.09

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Abgesehen davon, dass man den steirischen und Kärntner Kollegen von den Regierungsfraktionen ausrichten könnte, dass sie ohne die Gefahr, Position beziehen zu müssen, den Sitzungssaal wieder betreten können, geht es bei dieser dringlichen Anfrage um die Fortführung einer Debatte, die wir bereits am 3. Februar hier hatten. Ich glaube, dass es eine falsche Sicht der politischen Situation der Republik ist, wenn uns die damalige Staatssekretärin Ferrero-Waldner versucht hat glauben zu machen, dass es zwar im Vorfeld kritische Äußerungen gegeben hat, dass aber die Reaktion der 14 für die österreichische Außenpolitik eine ungeheure Überraschung dargestellt hat.

In der Zwischenzeit haben sich so viele ausländische Staatsmänner zu Wort gemeldet, dass unsere damalige Behauptung, hier gehe es um eine Realitätsverweigerung, nicht nur bestätigt ist, sondern dass ich mich langsam zu fragen beginne, ob wir am 3. Februar vielleicht absichtlich falsch informiert wurden. Da haben Politiker, die in dieser Auseinandersetzung überhaupt keinen Grund haben, von einer klaren und präzisen Information über die Wahrheit abzuweichen – wie der belgische Außenminister, wie der portugiesische Außenminister, wie Staatspräsident Chirac, wie neuerdings auch GASP-Koordinator Solana –, klar und deutlich zum Ausdruck gebracht: Ja, wir haben namhafte Vertreter des österreichischen Staates – den Herrn Bundespräsidenten in einigen Fällen, aber insbesondere den damaligen Außenminister und jetzigen Bundeskanzler – nicht nur davor gewarnt, dass eine Koalition mit der FPÖ Folgen haben werde, sondern auch sehr präzise deutlich gemacht, um welche Folgen es sich handeln würde und in welcher Richtung die 14 reagieren würden.

Ich habe es schon am 3. Februar ein bisschen als Attacke auf den gesunden Menschenverstand angesehen, als uns die Staatssekretärin und nunmehrige Außenministerin als Chefin einer großen und durchaus in vielen Bereichen sehr wirkungsvollen österreichischen Diplomatie glauben machen wollte, all das sei in irgendeinem Hinterzimmer ausgekocht worden, und niemand – nicht die österreichischen Diplomaten, nicht Regierungsmitglieder – hätte das gewusst. Die Wahrheit scheint ganz deutlich anders zu sein: Jene, die an der Bildung dieser Bundesregierung gearbeitet haben, haben diese Warnungen gehört. Sie wurden ihnen präzise vorgetragen. Aber sie haben beschlossen, sich nicht darum zu kümmern. (Beifall bei der SPÖ.)

Insbesondere der damalige Außenminister und jetzige Bundeskanzler hat ganz offensichtlich sehenden Auges diese Schädigung österreichischer Interessen in Kauf genommen. Ich betrachte das als einen Bärendienst – um nicht zu sagen: einen Bärentaldienst –, den er diesem Land erwiesen hat. (Beifall bei der SPÖ.)


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