Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 102

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konkretes Beispiel zu nennen, ein Schild vor die Türe hängen: Zutritt für Hunde und Freiheitliche verboten!? – Ich glaube, das ist ein bißchen zu untergriffig.

Aber er schreibt auch: Der Wählerauftrag der Österreicherinnen und Österreicher vom 3. Oktober läßt sich mit einem einfachen Satz interpretieren: Baut endlich dieses Land um! Aus dieser Sicht der österreichischen Bevölkerung erscheinen die aktuellen Reaktionen völlig ungerechtfertigt und absurd. Jene, die mit einem Boykott Österreichs den Anfängen wehren – passen Sie jetzt ganz genau auf, meine Damen und Herren der SPÖ! –, erreichen mit einer solchen Maßnahme wenn überhaupt etwas, dann das Gegenteil davon. Denn pauschale Boykottdrohungen sind Sippenhaftung, die Öl ins Feuer gießt und schon von ihrem Wesen her unfair und kontraproduktiv ist. Noch niemals in der Geschichte der Menschen wurde mit Sippenhaftung ein Beitrag zu Humanität und Toleranz geleistet. Daher sollte man die aufgeheizte Stimmung nicht weiter eskalieren und die neue Regierung in Österreich arbeiten lassen. Das Grundrecht auf freie und demokratische Wahl einer Nation, welches eine Demokratie erst möglich macht, darf nicht durch Boykott von außen ins Zwielicht geraten. – So einer Ihrer Parteikollegen, meine Damen und Herren!

Mir ist als Antwort darauf eine kleine Geschichte in die Hände gefallen, die nicht besser das Verhalten der SPÖ in Gestalt eines gekränkten und enttäuschten Nachbarn widerspiegeln könnte. Der Unterschied ist jedoch, dass dieser Nachbar bereits sein Unrecht eingestanden hat.

Es heißt in der Geschichte: Ich werde es bestimmt nicht wieder tun, versprach der Nachbar alias SPÖ, ich nehme alles zurück, was ich über Sie erzählt habe. Künzelmann sah den anderen ernst an. Ich habe keinen Grund, meinen Nachbarn in ein Unglück zu stürzen, erwiderte er, jedoch verlangt jede böse Tat ihre Sühne. Ich bin gerne zu allem bereit, sagte der Nachbar. Künzelmann erhob sich, ging in den Stall und kam mit einem geschlachteten Hahn zurück. Tragt diesen Hahn in euer Haus, das 100 Schritte von meinem entfernt steht, sagte er, dann kommt wieder zurück und rupft dem Hahn unterwegs immer eine Feder nach rechts und eine Feder nach links werfend! Dies ist der Sühne erster Teil. Der Nachbar tat, wie ihm geheißen. Als er wieder vor Künzelmann stand und ihm den gerupften Hahn überreichte, fragte er: Und der zweite Teil meiner Buße? – Geht jetzt wieder den Weg in euer Haus zurück und sammelt alle Federn wieder ein! Der Nachbar stammelte verwirrt: Ich kann doch die Federn unmöglich wieder einsammeln, ich streute sie wahllos aus, warf eine hier hin und eine dort hin, inzwischen hat der Wind sie in alle Himmelsrichtungen getragen, wie könnte ich sie alle wieder einfangen? Künzelmann nickte ernst: Dies wollte ich nur hören. Genauso ist es mit der üblen Nachrede und den Verleumdungen: Einmal ausgestreut, laufen sie durch alle Winde, wir wissen nicht wohin – wie kann man sie also einfach wieder zurücknehmen? – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Vielleicht macht das die neue SPÖ-Regierung, die "SPÖ neu" haben wir seit gestern. Die größte Entscheidung der "SPÖ neu" liegt jetzt darin, dass sie ihr Leben ändert, indem sie ihre Geisteshaltung ändert. Jawohl, Ihre Gedanken, meine Damen und Herren von der SPÖ, sind frei – wie angenehm oder unangenehm sie sind, liegt an Ihnen.

Der römische Kaiser Marc Aurel sagte bereits (Bundesrat Meier: Über die SPÖ?): Die Seele nimmt mit der Zeit die Farbe unserer Gedanken an! – Nun: Wie schwarz Ihre Seelen bereits sind (Bundesrätin Fuchs: Rot!), machen Ihre Gedanken, wie Sie sie heute hier vor uns ausgebreitet haben, deutlich.

Viele Menschen haben ein besonderes Talent darin entwickelt, ungünstige Geschehnisse oder Erlebnisse aus der Vergangenheit immer wieder aufzuwärmen und erneut zu durchleben. Diese Menschen, meine Damen und Herren, haben leider das Vertrauen zu sich selbst verloren, weil sie selbst versagt oder Misserfolg geerntet haben – so wie Sie, meine Damen und Herren der SPÖ, bei der letzten Wahl. Es ist erwiesen, dass sich ein negativer Gedanke, dem man dem Dünger häufiger Wiederholungen angedeihen lässt, zu einem echten Ungeheuer entwickeln kann, und Sie, meine Damen und Herren der SPÖ, haben in den letzten Wochen versucht, das zu erreichen. – Ist das gut für dieses Land? Ist es wirklich so schlimm, einmal Fehlentwicklungen einzugestehen? – Fehlschläge und Niederlagen kann doch niemand vermeiden. Sie haben es doch sich selbst zuzuschreiben!


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