Bundesrat Stenographisches Protokoll 661. Sitzung / Seite 107

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihr Regierungsprogramm zeigt mir keine Fortschreibung dieses Erfolgskurses. Viele "No-na-net-Forderungen" sind zu lesen, und dazu gibt es Phrasen wie "geeignete Maßnahmen", "besondere Hilfestellung", "offizielle Unterstützung" und dergleichen mehr. Konkrete Maßnahmen werden nicht genannt.

Eine wichtige Sache fehlt komplett: das Frauenministerium und damit auch die Frauenpolitik. Mehr als 52 Prozent der Bevölkerung sind Frauen. Und jetzt soll Frauenpolitik zur Fußnote der Familienpolitik reduziert werden oder gar nicht mehr stattfinden? – Ich glaube, das darf es nicht geben. Die Frauen werden sich wehren, wenn es zu gefährlichen Rückschritten in der Frauenpolitik kommen sollte. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: ... nur weil es kein Frauenministerium gibt!) – Dieser Zwischenruf ist bezeichnend. Da klatschen jene Männer, die Frauen als Partnerinnen und als gleichwertige Mitglieder dieser Gesellschaft sehen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Bieringer: Na geh!) – Ja, Sie sehen aber, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. (Bundesrat Bieringer: ... Frauenministerium, sonst gibt es keine Frau! Sie tun mir Leid!)

Ich habe es in dieser Regierungserklärung nirgendwo anders gefunden. (Bundesrat Bieringer: Sie tun mir Leid!) Wenn Sie es gefunden haben, dann zeigen Sie es mir bitte. Ich habe es mir genau durchgeschaut und mich informiert, und das ist das Ergebnis. Das, was ich jetzt sage, ist das Ergebnis dessen, was ich in den Unterlagen Ihrer Regierungserklärung gefunden und gelesen habe. Wir waren schon einiges gewöhnt. Die "Bartenstein-Zeit" hat schon ihre Schatten vorausgeworfen. Jetzt kommt noch das Haider’sche Frauenbild und Ihres wahrscheinlich auch dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

In erster Linie sollen Hausfrauen und Mütter in ihrer natürlichen Rolle unterstützt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) – Das ist schön, dass Sie das bestätigen. Es steht aber auch in der Regierungserklärung. Die Ausnahme stellen Karrierefrauen dar, für die der Aufstieg in die Führungsetagen erleichtert werden soll. Es steht aber nicht dabei, mit welchen Maßnahmen das geschehen soll, das wird nicht gesagt. – Man höre aber und staune, auch frau höre und staune: Man ist auch für eine höhere Repräsentanz von Frauen in politischen Gremien. Ich denke, das wird notwendig sein, weil der Anteil der weiblichen Abgeordneten in diesem Haus noch sehr gering ist, und ich denke, da kann man schon noch etwas dazu tun. Für unseren Anteil brauchen wir uns nicht zu schämen. Zählen Sie nach, Herr Kollege, das können Sie ganz leicht ausrechnen.

Aber ich denke, es könnte vielleicht doch an Parteiobmann Haider liegen – das ist vielleicht auch eines der Beispiele, warum sich manche Leute aufregen und diese Regierung nicht sonderlich mögen –, der gesagt hat – ich zitiere den "Kurier" vom 7. 10. 1984 –: Ich habe noch nie eine erotische Politikerin kennen gelernt. (Bundesrat Dr. Nittmann: 1984?) Fast alle werden davon verhärmt. Bitte, vielleicht gibt es Einzelfälle, bei denen der Politikerjob passt, aber eine richtige Frau? – Diese Aussage motiviert vielleicht doch nicht so richtig die freiheitlichen Frauen. Das könnte sein.

Aber es gibt noch ein zweites Zitat von Herrn Parteiobmann Haider: In einer Partnerschaft gibt es immer zwei Teile: ein herrschender und ein dienender Teil. – Das gefällt den Frauen wahrscheinlich auch nicht besonders. (Bundesrat Dr. Nittmann: Bei mir zuhause bin ich der dienende!)

Ich kann aber auch Herrn Klubobmann Dr. Khol zitieren, der in der Emanzipation der Frauen prinzipiell ein Dilemma sieht. In seinem Buch "Aufbruch zur Bürgersolidarität" schreibt er auf Seite 16: Wo die Selbstverwirklichung versprochen wird, bleibt immer Einsamkeit und Elend im Alter. Und mehr noch: Singles sterben früher! – Das sind schreckliche Zukunftsvisionen. Aber so stellen wir uns Partnerschaft und Frauenpolitik nicht vor.

Trotz allem wollen Frauen berufstätig sein; das ist ganz einfach erwiesen. Mehr als 70 Prozent aller Frauen wollen das, auch wenn ihr Partner alleine genug verdienen würde und obwohl Frauen bekanntlich durchschnittlich nur 68 Prozent eines Männergehalts bekommen. Das eigene Einkommen, die wirtschaftliche Unabhängigkeit werden von den meisten Frauen als Basis der persönlichen Eigenständigkeit angesehen.


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