Diese Sätze stammen nicht etwa aus unserem Gewerkschaftsorgan, der "Solidarität", oder einer anderen Gewerkschaftszeitung, sondern aus dem "Standard"! Und die Pensionsfrage ist noch lange nicht alles! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer. ) Der "Standard" schreibt sicherlich nicht von der "Solidarität" ab! (Bundesrat Dr. d′Aron: Stehen Sie zu den höheren Sozialversicherungsbeiträgen, die im SPÖ-ÖVP-Papier gestanden sind?) – Nein! Das Papier ist nie unterschrieben worden! Deshalb stehe ich auch nicht zu diesen Maßnahmen! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wenn alle durch die Gegend schreien, kann ich nicht auf Zwischenrufe eingehen! Ich stehe aber jedenfalls nicht zu diesem Papier! Als Gewerkschafter haben wir dieses vehement abgelehnt, weil es auch unsozial gewesen wäre! Aber das, was im vorliegenden Regierungspapier jetzt produziert wurde, ist viel grauslicher! (Bundesrat Dr. Böhm: Wie wollen Sie denn die Pensionen sichern?)
Es gibt dafür mehrere Lösungsansätze: Das Pensionsalter anzuheben und sozusagen die Jungen dadurch arbeitslos zu machen, ist sicherlich keine Lösung. (Bundesrat Ing. Scheuch: Was dann?) Die Anhebung des Pensionsalters wird sicherlich auf Sicht gesehen notwendig sein. (Bundesrat Ing. Scheuch: Hört! Hört!) Allerdings bedarf es dann begleitender Maßnahmen. Das ist aber nichts Neues, das haben wir immer behauptet. Das ist überhaupt nichts Neues! (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Wilfing. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Abgewählt mit über 33 Prozent: Da sollte gerade die ÖVP ein bisschen vorsichtiger sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Die Pensionsfrage ist noch lange nicht alles. Der "Standard" schreibt dann nämlich weiter: Die Unternehmen können sich die Hände reiben. Im FPÖ-ÖVP-Regierungspapier konnten sie vieles durchsetzen, was ihnen die Sozialpartner aus Gewerkschaft und Arbeiterkammer seit Jahren verweigerten: die Senkung der Lohnnebenkosten, die Lockerung des Arbeitnehmerschutzes, den Wegfall des Arbeitsuchtages bei Jobwechsel und die Aliquotierung des Urlaubs. – Wie gesagt: Das schreibt der "Standard", der schließlich resümiert, dass der ÖVP-Wirtschaftsflügel die Freiheitlichen über den Tisch gezogen hat. (Zwischenruf des Bundesrates Dipl.-Ing. Missethon. )
Ein weiteres Beispiel der Grauslichkeiten möchte ich hier noch anführen. In Ihrem Regierungsübereinkommen findet man im Kapitel 1 ein Programm für Langzeitarbeitslose unter dem Titel "Helfen – aktivieren – integrieren". Ich möchte dazu nur ausführen, das im "News" dieses Kapitel als "Arbeitsdienst und Bürgergeld für Sozialhilfeempfänger" betitelt wurde, was dem tatsächlichen Inhalt Ihres Programms entspricht und von uns deshalb entschieden abgelehnt wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Insgesamt verbreitet das Regierungsprogramm den kalten Hauch des Thatcherismus. Wie die so genannte "Eiserne Lady" in den achtziger Jahren in Großbritannien will die schwarz-blaue Koalition offenbar nun mit 20-jähriger Verspätung den Sozialstaat schwächen und tatsächlich eine Wende im negativsten Sinn des Wortes herbeiführen. (Bundesrat Dr. d′Aron: Wissen Sie, wie der Thatcherismus funktioniert hat?) – Er hat nicht funktioniert. Das ist das Problem. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.)
Was Sie wollen, ist Privatisierung um jeden Preis, um Milliardengeschenke an die Wirtschaft zu machen. Das sind die wichtigsten wirtschaftlichen Programmpunkte. Dabei wandern Milliardenbeträge direkt von den Arbeitnehmern zu den Arbeitgebern. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. d′Aron. )
Dazu ein weiteres Beispiel aus dem Programm: Im Kapitel "Arbeit und Soziales" wird die Umsetzung der "Aktion Fairness" versprochen, allerdings mit dem gravierenden Schönheitsfehler, dass im Gegenzug für die gleiche Entgeltfortzahlung für Arbeiter und Angestellte der Urlaub grundsätzlich nur mehr aliquotiert wird. Damit sei die "Aktion Fairness" aufkommensneutral. – Aufkommensneutral bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch, dass eine Maßnahme gleich viel kostet, wie sie bringt.
Im Kapitel "Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich" stellt sich aber plötzlich heraus, dass die Angleichung der Entgeltfortzahlung 2 Milliarden Schilling kostet, die Urlaubsaliquotierung aber 4,3 Milliarden Schilling bringt. Anders ausgedrückt: Meine Damen und Herren von
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