Bundesrat Stenographisches Protokoll 664. Sitzung / Seite 64

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Die unterzeichneten Bundesräte stellen den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2000 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz geändert wird (69 und Zu 69 der Beilagen), Einspruch zu erheben.

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Der Einspruch wird in unserem Antrag sehr ausführlich begründet. Ich habe schon einiges angeführt, aber Hauptgrund ist der tief greifende Eingriff in die Rechte der Zivildiener, dass es kein Begutachtungsverfahren gegeben hat, dass es wohl einen Rückverweisungsantrag im Nationalrat gegeben hat, der von den Abgeordneten der Regierungsfraktionen natürlich niedergestimmt wurde, und dass die Gleichstellung von Zivildienern und Wehrdienstpflichtigen massiv verschlechtert wurde. Diese Gleichstellung sollte eigentlich verfassungsmäßig garantiert sein. (Bundesrat Mag. Gudenus: Eigentlich oder wirklich?)

Ich darf nun einiges zu den Budgetzahlen sagen. Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! In der dieswöchigen Ausgabe der Wochenzeitschrift "profil" hieß es: "Ein rätselhaftes Zahlenspiel". Wir wissen, dass die Regierung dieses Jahr weniger Zivildienstposten gewährt, die entsprechenden Ausgaben im Bundesvoranschlag um 17 Prozent gekürzt wurden. Jede Institution, die Zivildiener beschäftigt, zahlt pro Monat rund 2 000 S bis 8 000 S an den Bund. Die Rückflüsse von den betreffenden Institutionen sollen laut Bundesvoranschlag 2000 heuer 339 Millionen Schilling betragen. 1999 aber lagen die Einnahmen bei 243 Millionen Schilling. – Da hatten wir aber eine wesentlich höhere Anzahl von Zivildienern. Da kann es sich meiner Meinung nach nur um einen Rechenfehler, also um einen falschen Budgetansatz, handeln. Das würde natürlich zum Gesamteindruck des Budgets passen. Oder aber die Rückflüsse von den betreffenden Institutionen werden trotz anders lautender Zusagen erhöht, was einen weiteren Schlag für diese Einrichtungen, die wichtigste soziale Zwecke zu erfüllen haben, bedeuten würde.

Ich fordere Sie daher auf, Herr Innenminister, diesen Sachverhalt detailliert aufzuklären. Ich hoffe, dass Ihnen das möglich ist. Sollte das nämlich nicht möglich sein, wird meine Fraktion eine dringliche Anfrage an den Finanzminister einbringen, um von diesem die entsprechende Aufklärung zu bekommen.

Im letzten "profil" war auch noch zu lesen: Wer sich jetzt noch zum Zivildienst melden wird, der muss schon ein hochgradig opferwilliger Mensch sein. – Das entspricht voll meiner Meinung. Die Strategie ist klar erkennbar. Aber denken wir jetzt noch weiter: Das einjährige Antragsrecht wird fallen – ein massiver Eingriff in die Lebensplanung junger Menschen! –, es wird keinen Grundlehrgang mehr geben, keine Vorbereitung auf den schweren Dienst für die Gesellschaft, und der Anspruch auf Verpflegung fällt auf 43 S. – Der Essensbeitrag im Pensionistenwohnhaus macht zum Beispiel 77 S aus. Also nicht einmal im Pensionistenwohnhaus kann ein Zivildiener mitessen, weil der Essensbeitrag fast das Doppelte ausmacht.

Wir alle haben so viel Phantasie, dass wir uns vorstellen können, wie viel an Lebensmitteln man um 43 S kaufen kann. Ich weiß auch, dass Fasten zu verschärftem Denken führen soll und dass junge Leute teilweise übergewichtig sind, aber ich glaube nicht, dass das Körpergewicht vom Innenminister geregelt werden sollte. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch etwas ist mir aufgefallen – es mag ein Zufall sein oder auch nicht; ich reagiere ein bisschen sensibel darauf –: Mit 1. Juni 2000 tritt auch die Einführung des Arbeitsdienstes für Langzeitarbeitslose, diese Freiwilligen-Bürgergeld-Regelung, in Kraft. Wir wissen, für 20 Prozent Zuschlag zur Notstandshilfe sind 100 Millionen Schilling budgetiert. Dafür wurden 100 Millionen bei den AMS-Maßnahmen für Wiedereinstiegshilfe und Schulungen für Frauen gestrichen. Das heißt: Frauen an den Herd oder doch vielleicht zur ehrenamtlichen Sozialarbeit? – Das ist die andere Alternative.

Im Regierungsabkommen steht nämlich auch: Jene Frauen, die als Hausfrau und Mutter zu Hause sind, sollen eine Ausbildung in sozialen Pflegediensten erhalten. – Da stelle ich jetzt einen Zusammenhang her: Ich nehme Zivildiener weg, die diese sozialen Dienste erfüllen, dafür


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