Bundesrat Stenographisches Protokoll 664. Sitzung / Seite 100

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Herr Kollege Böhm! Ich bescheinige Ihnen gerne und mit voller Überzeugung, dass Sie kein Wort davon in diesem Haus gesagt haben. Ich fordere Sie auf – erforderlichenfalls stellt
der Präsident Ihnen gerne die Mitschrift dessen, was Sie tatsächlich gesagt haben, zur Verfügung –, sich hier und in der Öffentlichkeit von dieser skandalösen Verfälschung Ihrer Wortmeldung durch Ihren eigenen Parteipressedienst zu distanzieren. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Ing. Scheuch: Haben Sie auch die Presseaussendung der SPÖ gelesen? – "FPÖ-Bundesräte meutern gegen Haider"!)

Ich darf mich nun dem Herrn Staatssekretär und den von ihm gegebenen Antworten zuwenden, weil ich es für wichtig halte, dass wir ein Dialogangebot – ich habe die Antwort des Herrn Staatssekretärs als ein solches verstanden – auch annehmen. (Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen.) Der Dialog spielt sich zwischen dem Herrn Staatssekretär und mir ab, nicht mit Ihnen, Herr Kollege!

Ich glaube, dass es absolut richtig ist, dass wir – da sage ich bewusst "wir", nämlich die politischen Kräfte in diesem Land, die sich um die Zukunft sorgen – im Bereich der öffentlichen Verwaltung zu einer substanziellen Vereinfachung der Vorgänge kommen müssen. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich nicht der Meinung, dass die Bemühungen des Kollegen Ruttenstorfer, der auch eine gute Portion privatwirtschaftliches Denken ins Amt mitgebracht hat, erfolglos geblieben sind, sondern dass wir in den abgelaufenen Jahren sehr wohl wesentliche Voraussetzungen – die Ihnen auch als Grundlage zur Verfügung stehen; da habe ich keinen Neid – schaffen konnten.

Ich mache allerdings – vielleicht stoße ich mich da nur an einer Formulierung – darauf aufmerksam, dass natürlich der schlanke Staat kein Gerippe sein darf. Sehnen und Muskeln auf diesem Körper sind auch erforderlich, auch und gerade dann, wenn er seine Kernaufgaben bewältigen soll. Ich verstehe daher sehr wohl die Sorgen von Kollegen im öffentlichen Dienst, die das Gefühl haben, es soll nicht der Speck abgeschlankt werden, sondern es gehen gleich der Muskelapparat und das Nervenkostüm mit, und die daher über die Verhandlungen alarmiert waren, die sie mit der Frau Vizekanzlerin zu führen hatten, wobei sie dann versucht haben, unter den Fittichen des Herrn Bundeskanzlers Zuflucht zu nehmen.

Die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Dienstes in einer neuen, modernen Art und Weise muss sichergestellt sein, aber die Menschen, die diese Aufgaben erfüllen, sollen nicht gezwungen sein, von 43 S oder irgendwelchen anderen Beträgen dieser Größenordnung zu leben. Wenn Sie dafür eintreten, werden Sie unsere volle Unterstützung haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite, das ich in diesem Zusammenhang sagen möchte, ist, dass Sie Recht haben, dass Leistungen der öffentlichen Hand, des Sozialsystems nicht nur auf ihre Treffsicherheit, sondern auch auf die Qualität der Aufgabenerfüllung zu überprüfen sind und dass daran zurückzudenken ist, wofür sie geschaffen wurden und ob diese Aufgabe, derentwegen sie geschaffen wurde, heute durch dieses Mittel auch noch erfüllt wird.

Sie haben dafür allerdings ein aus Ihrer Sicht verhältnismäßig unglückseliges Beispiel gewählt. Sie haben Recht: Das Karenzgeld ist eine Versicherungsleistung. Es wird im Wesentlichen auch von jenen als soziale Gruppe finanziell aufgebracht, die diese Leistungen in Anspruch nehmen.

Wenn ich – darüber ist durchaus eine Diskussion möglich – das Versicherungssystem durchbreche und sage, das ist eine Leistung, die sich so bewährt hat, dass sie für alle Mütter zur Verfügung stehen soll, dann muss ich mich auch über die Mittelaufbringung unterhalten, und dann ist es kein Argument, zu sagen: Ich darf nicht staffeln, weil die Versicherungsleistung gegeben ist. Also – you can't have it both ways – eines davon stimmt nicht, und ich bin durchaus bereit, in eine solche Diskussion einzutreten.

Aber die Anfrage ist natürlich davon ausgegangen – da waren Sie sehr zurückhaltend in Ihren Aussagen –, dass die Stabilisierung drei Säulen hat: den Bund – darüber haben Sie eine Menge gesagt, dazu habe ich ein paar Kommentare in meiner kurzen Redezeit zu geben versucht, und darüber werden wir auch in diesem Forum, wiewohl wir nicht Budgetgesetzgeber sind, viel zu reden haben –, aber wir haben natürlich auch die Länder und die Gemeinden.


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