Bundesrat Stenographisches Protokoll 666. Sitzung / Seite 140

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

angebliche Unkenntnis der ÖVP in diesem Zusammenhang, im Übrigen auch hier im Bundesrat von ihm so vorgetragen.

Was die Bundesländer etwa über ihre Wohnbauförderungen nicht abfedern können werden, wird sich notgedrungen in einer Erhöhung der Mieten niederschlagen. – Das wiederum hebt übrigens die nicht gerade sozialdemokratisch dominierte Vorarlberger Landesregierung hervor! Bei den Wohnbeihilfesystemen werde es auf Grund dieser Novelle ebenfalls zu Problemen kommen, wird dort befürchtet.

In Wien etwa würde ohne zusätzliche Förderung die Mietenerhöhung bei geförderten Neubaumietwohnungen laut Expertenschätzung zwischen 30 und 45 Prozent betragen, sodass man sich langsam fragen muss, ob hinter dieser ganzen Novelle nicht in Wirklichkeit eine politische Strategie steckt, die mit dem Wohnrecht an sich gar nicht mehr so viel zu tun hat.

Im Übrigen wird auch mit keiner Silbe bedacht, dass vom Mieter realisierte Eigentumserwerbe auf der anderen Seite den Bestand an günstigen gemeinnützig geförderten Mietwohnungen vermindern. Gerade einkommensschwache junge Familien mit Kindern werden daher wieder negativ betroffen sein.

Zudem wird in nun schon bewährter Manier – das sind wir inzwischen schon gewohnt – auch über verfassungsrechtliche Bedenken drübergefahren, denn für die privaten Bauträger wird diese Eigentumszwangsmaßnahme natürlich nicht gelten. Ich meine, wie sollte sie auch gelten, wenn, wie eingangs festgehalten, Vermieten durch diese Novelle lukrativer werden soll.

Mit dem vorliegenden Gesetz verabschiedet sich unserer Meinung nach die blau-schwarze Koalition damit auch im Wohnrecht von einer sozial ausgewogenen Linie. Ginge es tatsächlich um die Entlastung der Konsumenten und nicht um die Bevorzugung bestimmter Klientels, so könnten beispielsweise allein schon durch die Vereinheitlichung von Verfahrensvorschriften im Baurecht zumindest 2 bis 4 Prozent Wohnbaukosten eingespart werden. Die Erweiterung des Geschäftskreises der gemeinnützigen Bauvereinigungen wiederum würde ein Übriges dazu tun, den Markt zu beleben, würde verstärkt leistbaren Wohnraum bereitstellen. Stattdessen wird der Versuch unternommen, diesen Wohnbauträgern langsam, aber sicher die wirtschaftliche Existenzgrundlage zu entziehen.

Sozialbindungen von Wohnungen scheinen nicht mehr gefragt zu sein. Eine flexible Gestaltung etwa des § 17 WGG steht offensichtlich nicht zur Debatte. Gerade in diesem Fall könnte man sowohl eine stärkere Eigentumsbildung als auch die Möglichkeit günstiger Mietwohnungen vereinbaren. Die kolportierte und teilweise auch plakatierte Entlastung für Mieter wird jedenfalls unserer Meinung nach mit dieser Novelle nicht eintreten, sondern das Gegenteil wird der Fall sein. (Beifall bei der SPÖ.)

17.32

Vizepräsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizepräsident Jürgen Weiss. Ich erteile ihm dieses.

17.32

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Wohnrechtsnovelle ist nach meiner Überzeugung ein Schritt hin zu einem Mietrecht, das das Ungleichgewicht zulasten des Marktes durch Überregulierung in einem international sonst nicht zu beobachtenden Ausmaß wieder schrittweise rückgängig macht, wieder hinführt zu einer stärkeren Vereinheitlichung und zu einer größeren Transparenz des Mietrechtes, wenngleich es sich auch bei dem vorliegenden Gesetzesbeschluss lediglich um einen Versuch handelt.

Das Mietrechtsgesetz stellt nach wie vor eine qualifizierte Denksportaufgabe dar. Das wird jeder bestätigen können, der auch mit einer gewissen Vorkenntnis damit umgehen muss.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite