Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 27

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dafür drei Antwort-Varianten gefunden, welche wir nicht nur bei Bürgerversammlungen dargestellt haben, sondern auch ins Internet gestellt haben. Seit drei Monaten sind nun diese drei Varianten im Internet, und wir haben bisher 80 000 Internet-Kontakte gehabt. Für mich ist das ein Beweis dafür, dass wir einen entscheidungsfähigen, entscheidungswilligen und mitgestaltungswilligen Bürger haben. Daher müssen wir unsere Einrichtungen, unsere Systeme in Richtung dieser neuen Herausforderung öffnen, die eine ungeheure Chance sein könnte.

Als wir die Bürgermeister-Direktwahl eingeführt haben, wurde uns gelegentlich auch gesagt, das sei ein Frevel an den Einrichtungen der repräsentativen Demokratie. Wir haben gesagt: Wir sind ein Land der Dörfer, das überschaubar ist, lasst uns das probieren! Der Erfolg gibt uns Recht, davon bin ich überzeugt. – Die Wahlbeteiligung ist um über 10 Prozent gestiegen. Durch die Vergabe von Vorzugsstimmen sind zwei Drittel aller gewählten burgenländischen Gemeinderäte aller Fraktionen auf den Listen nach vorne oder hinten verschoben worden – ein Beweis dafür, dass der Bürger ein Recht einfordert, das im zusteht: mehr Möglichkeiten der Mitgestaltung zu haben. Daher sollte eine Aufgabenreform nicht ohne Beachtung dieses Aspektes geschehen.

Letzter Punkt: die Frage der Konsolidierung unserer Haushalte, der Finanzausgleich – all das sind große Fragen. Ich bekenne mich dazu, dass man das Staatsziel, einen ausgeglichenen Haushalt zu verwirklichen, anerkennen muss. Ich persönlich anerkenne es auch zutiefst als einer, der 1996 am Sparpaket, an der Steuerreform mitgewirkt hat und daher Vorzüge und Schwächen unserer Politik kennt. Das Sparprogramm war gut, aber es wurde nicht in allen Punkten eins zu eins umgesetzt, und die Steuerreform und das Familienpaket waren zu groß, das ist meine subjektive Meinung.

Dem Bekenntnis, den Haushalt Österreichs, seiner Länder und seiner Gemeinden zu konsolidieren und ein Nulldefizit anzustreben, die Schuldenlast zu verringern, um mehr Spielräume zu bekommen, kann sich in Wahrheit niemand verweigern, aber der Weg zu diesem Ziel soll partnerschaftlich sein. Wenn der Dialog am vergangenen Freitag nichts anderes bewirkt hat, als dass das Ziel außer Streit gestellt wurde, so ist das auch ein entscheidender Schritt. Auch die Bundesregierung hat dort entgegen vorangegangener Äußerungen mancher Minister das Bekenntnis abgelegt, dass das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts in partnerschaftlicher Weise erarbeitet, gestaltet und umgesetzt werden soll. Anders formuliert: Es war ein Bekenntnis zum paktierten Finanzausgleich, das gleichzeitig auch ein Bekenntnis dazu ist, dass man es nicht im Hinterkopf hat, auch einen nicht paktierten Finanzausgleich im Parlament zu beschließen.

Wenn ich Ihnen das sage, dann weiß ich, welch gewaltige Herausforderungen vor uns stehen. Ich sage Ihnen, die Länder bekennen sich zu diesem Weg. Die Städte und Gemeinden werden sich diesem Weg nicht nur nicht verschließen, sondern ihn auch gehen. Die Frage ist die Gestaltung dieses Weges. Es gibt dabei einige Eckpunkte, die zu beachten sind, nämlich dass Sparen sparen bedeutet und nicht neue Transferleistungen heute schon angedacht werden sollten. Sparen bedeutet aber auch eine relativ ausgewogene Verteilung der Sparmaßnahmen auf alle Bevölkerungsschichten unseres Staates, wobei aber auch der Wirtschaftsstandort und die Konjunktur zu beachten sind.

Daher sage ich bei meinem Bekenntnis zum Staatsziel eines ausgeglichenen Haushaltes dazu: Ob uns das in dieser Geschwindigkeit gelingen wird, wenn wir diese Eckpunkte, Ausgewogenheit, Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung, die auch ein Ziel der Bundesregierung ist, was nicht bestritten wird, beachten, weiß ich nicht. Wenn wir diese Eckpunkte beachten, sollten wir uns nicht in ein Zeitkorsett zwängen lassen, sondern wir sollten den ernsthaften, den tief greifenden Weg des Wandels gehen. Denn wenn wir diesen Weg gehen, ist das wahrscheinlich der größte Reformschritt und der größte Reformweg, den Österreich in seiner Nachkriegsgeschichte gegangen ist.

Ich möchte auch die Länderkammer im Rahmen der Bundesgesetzgebung einladen, sich mit uns gemeinsam dieser Herausforderung zu stellen und diesen Weg des Gemeinsamen, des Dialoges und der Partnerschaft der Gebietskörperschaften Österreichs zu gehen. Denn letztlich geht es um unser gemeinsames Vaterland, ob es nun der Bund, die Länder, die Städte oder die


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