Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 208

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Präsident Johann Payer: Herr Bundesrat! Ich weiß, Sie sind jetzt eingesprungen. Ich darf Sie bitten, den Antrag, den der Ausschuss beschlossen hat, vorzulesen. 

Berichterstatter Mag. John Gudenus (fortsetzend): Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2000 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Johann Payer: Danke schön.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Ernst Winter. Ich erteile ihm dieses.

23.17

Bundesrat Ernst Winter (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt uns heute mit dem Militärbefugnisgesetz eine Regierungsvorlage vor, die, wie ich meine, im Schnellverfahren und eher mit etwas Bauchweh ausverhandelt wurde.

Natürlich begrüßen auch wir Sozialdemokraten das Bemühen um eine rechtliche Grundlage für das Handeln der militärischen Dienste. Es muss aber dazugesagt werden, dass in dieser Regierungsvorlage keine eindeutige und auch keine ausreichende gesetzliche Regelung vorgesehen ist. Es werden durch sie vielmehr wesentliche Bürgerrechte und rechtsstaatliche Prinzipien, so meine ich, sehr massiv verletzt.

Wir Sozialdemokraten sind immer für klare Regelungen eingetreten. (Ruf bei der ÖVP: Das ist es auch!) – Ja, natürlich, Herr Kollege! – Unsere Vorschläge für mehr Rechtssicherheit wurden von den Regierungsparteien einfach vom Tisch gewischt! Sensiblen Demokraten muss bange werden, wenn sie den Umfang der Militärbefugnisse erkennen, denn dieses Gesetz gibt den Nachrichtendiensten weitgehend freie Hand. Es kann uns Sozialdemokraten daher nicht ungerührt lassen, wenn derart massive Eingriffe in die Privatsphäre geplant sind. Oder soll es der totale Überwachungsstaat werden? (Bundesrat Dr. Böhm: Für den großen Lauschangriff warst du schon!)

Eine Regierung, der die Grundrechte der StaatsbürgerInnen am Herzen liegen, hätte die guten Vorschläge der Sozialdemokraten berücksichtigen müssen.

Es finden sich in dieser Vorlage auch Bestimmungen, wonach Richter, Staatsanwälte oder auch Rechtsanwälte nicht bestellt werden dürfen. Will man etwa weisungsgebundene Beamte einsetzen? (Bundesrat Dr. Böhm: Er ist ja unabhängig!)

Nicht angenommen wurde auch der Vorschlag der Einschränkung der Befugnisse, insbesondere der Übermittlung von Daten ins Ausland und einer nachträglichen Meldung jener Stellen, an die Daten übermittelt wurden.

Nächster Punkt, Herr Bundesminister: Das Budget der militärischen Nachrichtendienste bleibt auch weiterhin im Dunkeln. Es gibt keinerlei Budgetgenehmigung und schon gar keine Budgetkontrolle. Wir Sozialdemokraten haben immer wieder die Errichtung eines Haushaltskontrollausschusses nach deutschem Muster hier im Parlament verlangt. Auch dazu gab es von den Regierungsparteien keinerlei Zustimmung.

Meine Damen und Herren! Die Aufgaben und die Ermächtigung vor allem der nachrichtlichen Abwehr überschreiten verfassungsrechtlich festgelegte Aufgaben des Bundesheeres bei weitem. Tragende Teile des Gesetzes – und im Besonderen jene, die die nachrichtlichen dienstlichen Aufgaben und Befugnisse betreffen – sind, so glaube ich, verfassungswidrig. Sie sind nicht durch Artikel 79 des Bundes-Verfassungsgesetzes abgedeckt.

Alles geht in Richtung geheime Informationsgewinnung, zum Teil auch auf der Grundlage von Täuschungen durch den Einsatz von Organen mit falscher Identität. Die Eingriffsermächti


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