Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 24

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lage auch, weil es dazu führt, dass ein Elternteil dem Kind entfremdet wird. Das halten wir nicht für gut, und das wollen meines Wissens nach auch die Mütter nicht.

Präsident Johann Payer: Danke, Herr Bundesminister.

Ich rufe jetzt noch einmal die 9. Anfrage, 1111/M, auf und bitte Herrn Bundesrat Gottfried Kneifel um die Verlesung der Anfrage.

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1111/M-BR/00

Planen Sie gesetzliche Änderungen bei der Regelung der Ahndung von Ehrenbeleidigungen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich habe bereits im Frühjahr dieses Jahres die Überlegung angestellt, das österreichische Medienrecht und den österreichischen Persönlichkeitsschutz zu überprüfen, und zwar auf europäischem Standard und im europäischen Vergleich. Ich habe dies auch den drei Experten bei meinem Gespräch mitgeteilt, und es ist für mich sehr bedauerlich, dass sie gerade diese Erwähnung, die im Gegensatz zu ihrem Erhebungsergebnis steht, nicht in den Expertenbericht aufgenommen haben.

Ich bin jetzt mit Experten im Gespräch, die die österreichische Situation in Bezug auf Persönlichkeitsschutz und Medienrecht überprüfen. Es gibt keine aktuelle rechtsvergleichende Studie, auf die man zugreifen kann. Es soll im Frühjahr dieses Jahres ein Seminar im Max Plank-Institut stattgefunden haben, das dieses Thema erörtert hat, und um diese Studie bin ich bemüht. Wir werden diese Studie auswerten, und es ist nicht ausgeschlossen, dass wir eine Medien-Enquete machen.

Im Prinzip sage ich Ihnen aber, dass unser Medienrecht einen sehr hohen Standard aufweist, dass es sehr konkret zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungen unterscheidet. Meinungen sind nach österreichischer Rechtslage frei äußerbar, also nicht oder kaum sanktionierbar. Das, worum es bei Gerichtsverfahren immer geht, wenn es zu Verurteilungen kommt, sind falsche Tatsachenbehauptungen, und da sage ich gleich vorweg: Es ist nicht so, dass man unbedingt den Standpunkt vertreten muss, ein Politiker – oder jeder andere auch – muss sich den Vorwurf einer falschen Tatsachenbehauptung oder gar eine Beschimpfung gefallen lassen.

Nochmals: In der Frage der Meinung müssen wir sehr liberal sein und sind es auch. Eine Meinung soll jeder äußern können, der in diesem Land lebt, weil wir absolute Meinungsfreiheit haben. (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Präsident Johann Payer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundesminister! Wäre es für Sie vorstellbar, dass in Zukunft die Möglichkeit geschaffen wird, zur Wahrung des Gesetzes von der Nichtigkeitsbeschwerde Gebrauch zu machen, um damit den Obersten Gerichtshof anzurufen?

Präsident Johann Payer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gibt es bereits. Es wird auch von ihr Gebrauch gemacht. Ich habe, als diese Diskussion eine zunehmende Bedeutung bekommen hat, mit dem Herrn Generalprokurator gesprochen. Wir haben einander versichert, dass er weiterhin so wie vorher auch in Zukunft die Rechtsprechung in Österreich beobachtet und dann, wenn erhebliche Abweichungen in der Judikatur zu erkennen sind, gemäß § 33 StPO den Obersten Gerichtshof anruft, damit diese abwei-chenden Entscheidungen überprüft werden.


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