Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 63

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Zweitens: Warum haben die Betreibergesellschaft und die Tschechische Republik die berechtigte Forderung Österreichs nach einer objektiven und internationalen Umweltverträglichkeitsprüfung beharrlich abgelehnt?

Drittens: Warum hat die Tschechische Republik das Kernkraftwerk Temelin in Betrieb genommen, obwohl es den im Westen – etwa jenen Deutschlands oder Frankreichs – üblichen technischen Standards nicht entspricht?

Viertens: Warum hat die Tschechische Republik das Kernkraftwerk unmittelbar an die österreichische Grenze gebaut, ohne das Einvernehmen mit den Nachbarn über die aktuellen technischen Standards herzustellen?

Fünftens: Warum gefährdet die Tschechische Republik durch ihr überhebliches Verhalten die Beitrittsverhandlungen? – Man muss sich vorstellen: Ministerpräsident Zeman hat gestern, als er über Journalisten geredet hat, die darüber berichtet haben, von degenerierten Kreaturen gesprochen! So kann man weder mit Nachbarn noch mit Journalisten umgehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses präpotente Verhalten gegenüber den Sorgen und Ängsten der Bevölkerung und jener, die darüber berichten, fördert nicht die Zusammenarbeit und das Miteinander in einem gemeinsamen zukünftigen Europa!

Warum gefährdet also die Tschechische Republik die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union? – Es steht heute schon fest – das wurde von Landeshauptmann Pühringer ganz klar ausgesprochen –, dass bei einem weiteren derartigen Verhalten das Kapitel Energiepolitik im Rahmen der EU-Verhandlungen nicht abgeschlossen werden kann.

Warum? Warum? Warum? – Es gibt lauter offene Fragen, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Leider fehlt die Dialogfähigkeit der Tschechischen Republik, deshalb müssen wir Antworten geben.

Diese Themen sind klassische Anliegen der Länderkammer. Ich glaube, es könnte heute eine Sternstunde der Länderkammer werden, wenn wir diesen Schulterschluss gemeinsam eingehen, zusammenrücken und den Kampf gegen diese unfaire, unsoziale und unmenschliche Technologie an unseren Grenzen miteinander führen.

Deshalb danke ich der Bundesregierung für die bisherigen Schritte. Ich danke dem Landeshauptmann von Oberösterreich, Dr. Pühringer, und Bundesminister Mag. Molterer für ihre entschlossene Intervention. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich ersuche Sie, dem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben, denn eines steht unverrückbar fest: Kernkraftwerke werden immer ein Restrisiko in sich bergen, denn Kernkraftwerke werden von Menschen geplant, von Menschen gebaut, von Menschen betrieben, von Menschen gewartet, von Menschen geprüft und von Menschen genehmigt.

Der Mensch aber ist kein perfektes, unfehlbares und kein vollkommenes Wesen. Ein Sprichwort sagt sogar: Irren ist menschlich. – Stellen Sie sich vor, dass dieses Sprichwort einmal bei Verantwortlichen in Kernkraftwerken zutrifft, dass dort geirrt wird! In Hunderttausenden Fällen hat das menschliche Irren überschaubare und berechenbare Konsequenzen. Bei der Kernenergie sind die Konsequenzen aber ungeheuer, unvorstellbar und unkontrollierbar.

Es bleibt nur eine Konsequenz, nämlich die Frage nach den Sicherheitsstandards von Kernkraftwerken zu einer Frage der Sicherheit in unserem gemeinsamen, zukünftigen, europäischen Haus zu machen und nicht nur die Frage der Beschaffenheit der Traktorsitze, der Krümmungswinkel der Gurken und der Länge der Bananen. Wir müssen auch die Frage der Sicherheitsstandards von Kernkraftwerken mit europäischen Standards versehen.


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