Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 62

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Die Glaubwürdigkeit hinsichtlich Sicherheit des Landes ist dann gegeben, wenn man diese Sicherheit nicht zum Nulltarif anschaffen möchte. Nun tun die genannten Bundesländer dies fast zum Nulltarif. Ich weiß: 4 Millionen Schilling werden im Land Wien aufgebracht. 4 Millionen hätte jeder gerne! Das Land Wien gibt für den Zivilschutz 4 Millionen Schilling aus. Niederösterreich gibt 20 Millionen Schilling aus, das sind 0,035 Prozent, und Oberösterreich gibt 25 Millionen Schilling für den Zivilschutz aus. – Wenn wir den Kampf gegen die Atomkraftwerke im Nahbereich ernst nehmen, Kolleginnen und Kollegen, Herr Bundesminister und Herr Landeshauptmann, dann muss der Ansatz für Zivilschutz sofort erhöht werden! (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Mit 25 Millionen lassen sich vielleicht vier oder fünf Feuerwehrautos kaufen, aber keine Reaktorgebrechen bekämpfende Einrichtungen. Wenn wir die Sache also ernst nehmen – die bisherigen Reden zeigen, dass wir das ernst zu nehmen haben –, müssen wir nicht erst im nächsten Jahr, sondern schon heuer den Ansatz mit einem Nachtragsbudget in diesen genannten drei Bundesländern erhöhen, sonst sind wir unseriös, sonst setzen wir uns dem Vorwurf aus, unsere Bevölkerung leichtfertig gefährden zu wollen! Ich frage mich, warum der Zivilschutz nicht schon in den letzten Jahren entsprechend dotiert wurde, denn mit 20 Millionen oder mit 4 Millionen in Wien lässt sich – wie gesagt – kein Zivilschutz machen.

Sie stellen die Angst machenden zwischenstaatlichen Fakten wahrscheinlich sogar realistisch dar, Herr Landeshauptmann! Auch ich habe Angst, aber ich hoffe, dass die Herren Landeshauptleute bei den nächsten Budgetverhandlungen in ihren Bundesländern die entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen und nicht nur hoffen, dass andere Staaten für uns die Kastanien aus dem Feuer holen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.54

Präsident Johann Payer: Der von den Bundesräten Mag. Strugl, Monika Mühlwerth und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Aktivierung des ersten Reaktors des KKW Temelin ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Gottfried Kneifel. Ich erteile ihm dieses.

13.54

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Herr Landeshauptmann! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorredner aus allen Fraktionen haben die große Sorge ausgedrückt, dass das Kernkraftwerk in Temelin nicht auf dem letzten Stand der Technik ist und damit ein Risiko für die Nachbarstaaten und die Bevölkerung in der Umgebung darstellt.

Man kann ohne Übertreibung sagen, wenn man einen internationalen Vergleich anstellt, dass es sich beim Kernkraftwerk Temelin um einen Schrottreaktor handelt, um einen Reaktor, der 50-mal störanfälliger ist als Reaktoren westlicher Bauart! Eine Vergleichsstudie der Europäischen Union beweist nämlich, was die Oberösterreicher schon lange befürchten: Die Sicherheitsrisken in Temelin sind weit höher als in den anderen westlichen Atomkraftwerken. Das Risiko eines schweren Unfalls liegt im Schrottreaktor in Temelin bei 1 : 13 000 pro Jahr. Im Vergleich dazu liegt das Sicherheitsrisiko bei französischen Kernkraftwerken bei 1 : 213 000, im deutschen Reaktor Biblis B bei 1 : 340 000 und in japanischen Anlagen sogar bei 1 : 625 000, was fast 50-mal niedriger ist als in Temelin.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Verhältnisse und diese Berechnungen und Vergleiche zeigen deutlich, wie niedrig der Sicherheitsstandard und die technischen Standards in Temelin sind. In Anbetracht dessen würde man meinen, dass die Betreibergesellschaft und die Tschechische Republik alles tun, um diese Sorgen und Ängste abzubauen und zu entkräften. Das Gegenteil ist jedoch der Fall, sie tut vielmehr alles dazu, um diese Sorgen und Ängste sogar noch zu vertiefen und zu verstärken! In diesem Zusammenhang sind, so glaube ich, noch viele Frage zu stellen.

Erstens: Warum hat die Tschechische Republik durch die übereilte Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes irreversible Tatsachen gesetzt?


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