Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 61

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1999 war es ein österreichischer Vorschlag, den Euratom-Vertrag neu zu formulieren – die Euratom ist ein Grundstein der EU-Politik – und die Zielsetzung zu streichen, dass zivile Nutzung der Atomkraft gefördert wird. – Das ist nicht durchgesetzt worden. Warum ist das nicht durchgesetzt worden? Haben wir Österreicher, die österreichische Bundesregierung, und zwar nicht die jetzige, den Umschwung in Deutschland zu einer rot-grünen Koalitionsregierung genutzt? – Ich weiß es nicht, ob wir ihn genutzt haben; ich habe den Eindruck, wir haben ihn nicht genutzt, denn wir stehen allein da: Die deutsche Bundesregierung hat uns in diesem wie in anderen Punkten – bekanntlich gab es sechs oder sieben Monate dauernde Sanktionen – nicht genutzt.

Österreich hat sich auch nicht zum Anwalt jener Länder gemacht, die keine Atomkraftwerke errichten wollen; zumindest ist mir diese Einstellung der vorangegangenen Bundesregierung nicht bekannt. Ich glaube, es wäre notwendig – der Glaubwürdigkeit halber –, all jene Länder zu unterstützen, die sich nicht von AKWs beglücken lassen wollen.

Österreich hat Ausstiegsszenarien aus der Atomkraftwerk-Wirtschaftspolitik nur halbherzig vorgeschlagen. Wir begnügen uns mit Drohgebärden, Herr Landeshauptmann, mit dem Sitzen auf der Straße, und übersehen dabei – vielleicht übersehen wir das nicht –, dass 30 000 Jahre lang strahlende Relikte übrig bleiben. Ein Kraftwerk wird errichtet, ein Kraftwerk wird nach 30 Jahren abgerüstet, und der Errichtungsort sowie die Stelle, wo der Müll dann eingegraben wird, sind strahlende Monster für die nächsten 30 000 Jahre.

Herr Landeshauptmann! Was geschieht, wenn diese Straßenblockaden nichts fruchten – Sie zucken die Schulter – und die Europäische Union unseren Aufforderungen nicht folgt, was anzunehmen ist? – Wir sind das einzige Nicht-Atomkraftwerk-Land. (Bundesrätin Haunschmid: Italien auch!) – Ja. Aber Österreich ist jedenfalls von Atomkraftwerken umgeben.

Ich möchte nur Herrn Dozenten Weish aus Wien zitieren – jetzt kommt das Argument, dass wir in Österreich in den letzten zehn Jahren nichts geleistet haben –: Er meint, dass "man durch Schaffen solche Katastrophenpotentiale im Nahebereich unserer Landesgrenzen uns dazu zwingt, Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge zu treffen". – Herr Landeshauptmann! Wo wurden in Oberösterreich, Niederösterreich, aber auch Wien Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge getroffen?

Ich zitiere wörtlich: "Wir müssen vorsorgen, da zwingt man uns dazu, und das kostet Geld. Das ist eine Bedrohung, eine Zumutung. ... Wir wissen, dass das Katastrophenpotential grenzüberschreitend ist." – Das wissen wir, das weiß nicht nur Herr Dozent Weish von der Technischen Universität Wien.

Was hat Oberösterreich gegen diese Gefahrenpotenziale getan, und was haben Niederösterreich und Wien gegen die bekannten Gefahrenpotenziale getan? – Der Nationalratsabgeordnete und österreichische Zivilschutzpräsident Gaál meint, es wäre unseriös, Temelin als gefährlicher als Bohunice zu bezeichnen. (Landeshauptmann Dr. Pühringer: Das ist schon Wurscht!)

Jetzt frage ich: Warum machen wir betreffend Temelin etwas, was wir betreffend Bohunice nicht gemacht haben? Warum saßen wir bei Bohunice nicht so lange auf der Straße? – Jetzt läuft es schon. Es hat zumindest nichts genutzt, auch wenn wir nichts gemacht haben!

Abgeordneter Gaál von der SPÖ fordert die öffentliche Förderung für den Einbau von Fensterfiltern. – Das kostet Geld. Abgeordneter Gaál vom Zivilschutz meint: "Die Sicherheitswohnung wird zwar den Schutzraum nie ganz ersetzen können, sie ist aber eine seriöse Alternative."

Was tut Oberösterreich? – Werden öffentliche Gebäude oder Tunnels entsprechend ausgebaut und vorbereitet, um bei einer allfälligen Strahlenkatastrophe nützlich zu sein? Werden Klebebänder zur Abdichtung von Wohnungen den Haus- und Wohnungsbesitzern günstig zur Verfügung gestellt? Gibt es genügend Mund- und Nasenschutz sowie Kaliumjodid-Tabletten? – Vielleicht gibt es diese.


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