Bundesrat Stenographisches Protokoll 669. Sitzung / Seite 100

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Einige Jahre wird es noch dauern, bis es endlich einmal soweit ist, wie Sie selbst gesagt haben. Ständige Vetos sind nicht dienlich. Wenn man den zuständigen Regierungsbeauftragten immer wieder anschießt, wird das wahrscheinlich auch nicht gerade sehr dienlich sein. In uns, Frau Ministerin – eine Randbemerkung –, in uns Sozialdemokraten hätten Sie einen verlässlichen Partner mit Handschlagqualität, der Sie in dieser sehr heiklen Frage unterstützen würde. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mir als Tiroler werden Sie, Frau Außenministerin, gestatten, zu Südtirol, unserem Nachbarn, doch einiges anzumerken. Autonomie ist derzeit in vieler Munde, ist für den Kosovo etwa eine Forderung, die wir einige Jahr hindurch vehement vernommen haben. Das hat auch sehr viel mit dem zu tun, was Autonomie in Südtirol heißt und was dadurch erreicht worden ist. Wenn wir in die sechziger Jahre zurückblicken, dann sehen wir die Parallelen. Sie sind nur heute, fast 40 Jahre später, aus dem Bewusstsein verdrängt – Gott sei Dank, sage ich einmal. Manches von damals in Südtirol erinnert an jene Berichte, die wir in den letzten zwei, drei Jahren über die Unterdrückung einiger Volksgruppen aus dem Kosovo erhalten haben.

Damals in den sechziger Jahren wurde die deutsche Volksgruppe in Südtirol de facto unterdrückt. Es hat am Bozener Krankenhaus keinen deutschsprachigen Arzt gegeben, und wenn ein nur Deutsch sprechender Patient vom Land dort hingekommen ist, hat er sich nicht einmal mit dem Arzt verständigen können. Es gab keine Zweisprachigkeit bei Ämtern, bei Gerichten, bei Behörden und keine wirklich eigenständige Bildungsmöglichkeit für die deutschsprachige Bevölkerung. Das war die Situation zu Beginn der sechziger Jahre. Das Ergebnis waren Sprengstoffschläge, waren – das behaupte ich aus heutiger Sicht – Terroraktionen, war ein Aufschrei, ein massiver Aufschrei aus der Bevölkerung. Die Reaktion darauf war damals eine erhöhte Militärpräsenz in Südtirol. Wenn man sich auf den Südtiroler Straßen bewegt hat, ist man Militärfahrzeugen zuhauf begegnet. Man hat alles getan, um genau diese Autonomiebewegungen zu unterdrücken.

Dann aber haben wir im Zusammenhang mit Südtirol einen anderen Weg beschritten, und dieser kann, so glaube ich, beispielhaft dafür sein, wie man mit solchen Problemen umgehen kann.

Der große Sozialdemokrat Bruno Kreisky war es, der dieses Problem damals vor die Vereinten Nationen gebracht hat. In zwei Resolutionen hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen Lösungen vorgezeichnet und aufgetragen. Und da beginnt der Unterschied zum Kosovo. Beide Länder, sowohl Österreich als auch Italien, haben diesen Weg damals ernsthaft und konsequent beschritten.

Es gibt ein paar Merkmale, die man, was Autonomiebewegungen anlangt, auf Grund dieses langen Zeitraums beachten könnte: Die Basis waren Resolutionen der Vollversammlungen der Vereinten Nationen. Es folgten Zähigkeit, Geduld, eine enge Zusammenarbeit zwischen Südtirol und Österreich, und es dauerte fast 40 Jahre, bis diese Resolutionen nahezu vollständig umgesetzt werden konnten.

Weiters war die Autonomie ein gemeinsames Anliegen aller drei Volksgruppen in Südtirol: der Deutsch Sprechenden, der Italiener und der Ladiner. Es ist natürlich auch entscheidend, dass alle gemeinsam am gleichen Strick ziehen. Es funktioniert nicht, wenn eine Volksgruppe über die andere herrschen möchte. Es war, wie schon gesagt, ein gemeinsames Anliegen der Deutschsprachigen, der Italienischsprachigen und der Ladiner. Sie haben damals versucht, das Beste für ihr Land zu erreichen.

Weiters gab es vor allem in Südtirol mit Landeshauptmann Magnago eine besonnene politische Führung, die, solange es Fortschritte gegeben hat, den Weg der Verhandlungen nie verlassen hat und auch der Versuchung widerstehen konnte, zu polarisieren. Es war aber auch eine kluge Bevölkerung, die jenen Gruppierungen, die in diesem Bereich polarisieren wollten, immer eine klare Absage erteilt hat.

Die wirtschaftlichen und sozialen Eckdaten Südtirols sind heute ausgezeichnet. Mit nur 2,2 Prozent Arbeitslosigkeit im Jahre 1998 herrscht praktisch Vollbeschäftigung. Die Statistiken, verglichen mit anderen Regionen beziehungsweise Provinzhauptstädten Italiens, zeigen Südtirol be


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