Bundesrat Stenographisches Protokoll 670. Sitzung / Seite 123

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Da stimmt etwas nicht, Sie haben nämlich erst 3 Minuten und 41 Sekunden gesprochen.

Bundesrat Herwig Hösele (fortsetzend): Der Kulturbegriff in seinem umfassenden Sinne umfasst für mich auch die politische Kultur und die Sprachkultur. Der Text des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes unterscheidet sich, da dieses Gesetz erstmalig beschlossen wird, wohltuend von Texten vieler Novellierungen, indem er lesbar und verständlich ist. Sie alle wissen das besser als ich, denn ich lese diese Gesetze erst seit einigen Wochen etwas aufmerksamer.

Dass es leicht lesbar wäre kann man hingegen vom Budgetbegleitgesetz leider nicht behaupten. Dort finden sich zum Beispiel folgende Formulierungen – ich hoffe, ich verspreche mich jetzt nicht –: "Dem § 78 wird folgender Absatz 20 angefügt: ‚(20) § 1 Abs. 1, § 12 Abs. 3 ...’" bla, bla, bla. Es geht hierbei um sieben Absätze. Es treten also verschiedene Absätze "und § 70 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX/2000 mit 1. September 2001 in Kraft. § 8 Abs. 4 tritt mit 31. August 2001 außer Kraft". – Ich halte das nicht gerade für sehr verständnisfördernd und bürgernah. Im Sinne der jahrzehntelangen Forderung nach besser verständlichen Gesetzen wäre es auch wünschenswert, dass nicht nur die jeweiligen Abänderungen veröffentlicht werden, sondern der komplette neue Gesetzestext kundgemacht wird, damit alle Gesetze so schön, schlank und gut formuliert aussehen wie das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, dem ich sehr gerne zustimme. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Hoscher. – Bitte.

17.25

Bundesrat Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist nicht immer drin, was draufsteht. – Ich glaube, das vorliegende Gesetz ist unter diesem Motto entstanden, denn es ist von einer Lösung, die den Namen "Sozialversicherung" zu Recht tragen kann, doch relativ weit entfernt. Der Titel ist eher dem Reich des regierungspolitischen Marketings verpflichtet als dem suggerierten Inhalt.

Folgt man aber dem Rat etwa Willie Dixons, dass man ein Buch nicht unbedingt nach seinem Umschlag beurteilen soll, dann sollte man durchaus anerkennen, dass der hier eingeschlagene Weg einen Schritt in eine zielführende Richtung bedeutet, wenngleich der Horizont noch sehr weit entfernt ist, wenngleich auch das jetzige Gesetz sicherlich nicht leicht erreichbar war. Der einzuführende Pensionsbeitragszuschuss wird sicherlich keine Künstlerexistenz sichern, manche allerdings erleichtern, und schon das ist ein äußerst begrüßenswerter Effekt.

Gleichzeitig – ich möchte mich jetzt wie Kollege Hösele auf die Nationalratsdebatte beziehen – haben es die Regierungsfraktionen in dieser Nationalratsdebatte aber nicht verabsäumt, diesen ersten und, wie ich betonen möchte, begrüßenswerten Schritt in ihren Kommentaren gleich wieder selbst zu relativieren. Im Ausschussbericht wird noch vermerkt, dass dem künstlerischen Schaffen ein hoher Stellenwert beizumessen sei. In der Debatte vernahm man jedoch aus den Reihen der ÖVP die Meinung, dass man das Thema pragmatisch sehen müsse – ich zitiere –: "Wenn ich von etwas nicht leben kann, muss ich mich eben nach etwas anderem umsehen." – Diese "kritische Distanz" – unter Anführungszeichen – gibt es bei anderen Berufen nicht ganz so, dort werden heftigst Fördergelder verteilt, aber das nur nebenbei.

Wenn dieser Ansatz zur politischen Handlungsmaxime erhoben wird, bedeutet das ein Abgehen vom Bekenntnis zur Vielfalt der Kunst beziehungsweise zwangsläufig eine Rückkehr zum Mäzenatentum früherer Zeiten, einem Mäzenatentum, das sich genau jene Kunst bestellt, die genehm ist, und andere Richtungen ökonomisch verhindert. Wenn wir uns – wie ich meine durchaus zu Recht – rühmen, eine Kulturnation zu sein, dann müssen wir Kultur und Kunst auch Rahmenbedingungen bieten, die es den Kunstschaffenden ermöglichen, ein menschenwürdiges Dasein zu führen. In diesem Bereich gibt es allerdings etwas andere Notwendigkeiten, denn letztlich geht es nicht nur um die Frage, ob alle Kunstschaffenden hier und heute von ihrer Kunst auch leben können, sondern auch darum, dass viele Künstler zu einem kon


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