Bundesrat Stenographisches Protokoll 672. Sitzung / Seite 133

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ausverhandelt werden konnte. Daher gilt es, allen Beteiligten sehr zu danken, auch der Wirtschaft und jenen österreichischen Firmen, die finanziell dazu beitrugen.

Gottlob ist es zu dieser Einigung gekommen, welche von allen Parteien gemeinsam getragen wird, und zwar nicht nur im Nationalrat, sondern mit erfreulicher Sicherheit auch hier im Bundesrat! – Danke sehr. (Allgemeiner Beifall.)

18.24

Präsident Ing. Gerd Klamt: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach. – Bitte.

18.24

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es sei mir gestattet, heute auch die Beamten auf der Beamtenbank zu begrüßen, denn sie haben sehr Wertvolles für uns geleistet! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Wir werden heute zwei Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates zustimmen, die uns – lassen Sie mich das, hoffentlich nicht unpassend, so formulieren – von einem Gewissensdruck befreien. Immer schon war den Verantwortlichen und Verantwortungsbewussten in diesem Staat klar, dass Zeichen gesetzt werden müssen, die Bedauern und gleichzeitig den Willen zum Gutmachen von erlittenem Unrecht deutlich erkennen lassen. Doch für die Umsetzung fehlte sehr lange der gesellschaftliche Konsens. Die Geschichte um die Maßnahmen der Republik für die Opfer ist so alt wie die Zweite Republik selbst.

Bei der Betrachtung der Entwicklung der verschiedensten Maßnahmen im Laufe der Zeit sehen wir sehr deutlich den jeweiligen gesellschaftlichen Bewusstseinsstand. In diesem Zusammenhang muss man kritisch bemerken, dass jenen Gruppen, die schon vor 1938 einem starken Druck und Vorurteilen ausgesetzt waren, auch nach 1945 relativ große Schwierigkeiten bei der Erlangung von Entschädigungen gemacht wurden. Durch mühevolle jahrzehntelange Arbeit von großartigen Menschen – ich nenne jetzt zwei beim Namen, nämlich Professor Erika Weinzierl und Rosa Jochmann – ist es gelungen, die Herzen und Hirne zu öffnen. Wenn es nämlich keinen gesellschaftlichen Grundkonsens gibt, können wir als Parlamentarier uns zwar etwas wünschen, die Menschen werden uns aber keine Gefolgschaft leisten.

Meine Damen und Herren! Es ist vor allem Herrn Botschafter Sucharipa und Herrn Botschafter Winkler sowie Herrn Dr. Pichler aus dem Bereich der Wirtschaft, aber auch allen anderen zu danken, die am Zustandekommen des Abkommens und den sich daraus ergebenden Gesetzesbeschlüssen mitgewirkt haben! Zu danken ist dem Nationalfonds mit Präsident Fischer an der Spitze. Er hat mit unendlicher Feinfühligkeit Österreichs Position bei jeder nur möglichen Gelegenheit im Ausland erklärt. Zu danken ist den Zeitzeugen, die seit Jahren in die Schulen gegangen sind, um die Jugend zu sensibilisieren. Auch das hat mein verehrter Vorredner schon gesagt. Es ist den Opfern für ihre Geduld zu danken, und ich glaube, wir sollten ihnen auch dafür danken, dass sie die Bitte um Vergebung und den Willen zur Versöhnung anerkannt haben.

Meine Damen und Herren! Die, die sich heute an Erlebtes und Erlittenes oder auch Erzähltes erinnern können, tun dies auf unterschiedlichste Weise in Abhängigkeit von ihrer eigenen einstigen Rolle beziehungsweise oder auf Grund von später gewonnenen Einsichten und Haltungen. Noch immer ist es leider häufig den einen unmöglich, davon zu sprechen, was ihnen oder ihren Verwandten geschehen ist, andere wiederum schweigen in dem Bewusstsein, was sie oder die Ihren getan oder schlicht und einfach unterlassen haben. Doch Sprachlosigkeit, so verständlich sie im Einzelfall auch sein mag, bringt unsere Gesellschaft nicht weiter, wenn wir wollen, dass es am Ende unserer Bemühungen Versöhnung gibt.

Unser Gerechtigkeitssinn muss uns befähigen, in gleicher Weise mitzufühlen, wenn wir einerseits daran denken, wie Vater, Onkel oder Großvater in einem Krieg, den er selbst nicht wollte, seelisch und körperlich verstümmelt wurde oder vielleicht irgendwo unter Qualen erfroren ist, und wenn wir andererseits durch ein Dokument etwas über das Schicksal des Kaufmannes Blumenschein erfahren. Dem Dokument aus dem Verzeichnis über das Vermögen von Juden mit der Aktenzahl 13133 hat Herr Leopold Blumenschein eine handschriftliche Erklärung pflichtge


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