Bundesrat Stenographisches Protokoll 677. Sitzung / Seite 55

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beurteilt werden, welche Farbe zufälligerweise der Herr Landeshauptmann hat. – Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben! (Bundesrat Freiberger: Kärnten gehört den Oberösterreichern!)

Meine Damen und Herren! Inhaltlich ist an und für sich bereits alles gesagt worden. Es handelt sich auch um einen einstimmigen Beschluss, der in diesem Punkt gefasst werden wird. Ich möchte daher vielleicht etwas in die Geschichte zurückgehen und feststellen, dass es gar nicht so selbstverständlich ist, was wir heute in unserer Zeit an Patientenrechten haben. Es liegt nicht einmal zwei Jahrzehnte zurück, da war die rechtliche Situation eigentlich noch furchtbar. Stellen Sie sich vor, dass der Oberste Gerichtshof erst 1984 feststellen musste, dass dem Patienten in seine eigene Krankengeschichte Einsicht zu gewähren ist!

Anhand einer kleinen Geschichte, die ich Ihnen in diesem Zusammenhang erzählen möchte, sehen Sie, wie schlimm das war. Da ist es tatsächlich vorgekommen, dass andere Leute Einsicht, Teilmitteilungen erhalten haben, was den Patienten aber verweigert wurde.

Als noch ganz junger Anwalt erlebte ich eine Geschichte, die ich hier kurz erzählen möchte: Eine junge Mutter trug unter dem Herzen ein kerngesundes Kind. Nach einer Unzahl von haarsträubenden Kunstfehlern – die können immer passieren, in jedem Beruf passieren Fehler – vor der Entbindung, also bei der Einleitung, und bei der Entbindung kam ein schwerst geschädigtes Kind gerade noch lebend zur Welt. Eigentlich, wie die Krankengeschichte dann zeigte, war es damals schon nicht mehr lebend, sondern wurde wieder zurückgeholt. Es hatte APGAR-O – Sie sehen, Herr Staatssekretär, ich habe mich damals medizinisch sehr damit befasst, ich habe mich beraten lassen –, und es kam schwerstbehindert zur Welt. Um überhaupt überleben zu können, wurde dieses Kind sofort in eine Spezialklinik geflogen. Die Eltern waren dann bald anwaltlich vertreten, weil sie irgendwie das Gespür hatten, dass da etwas nicht richtig gelaufen war.

Die Eltern kamen eines Tages zu ihrem Anwalt und erzählten ihm, dass man ihnen im Krankenhaus gesagt habe: Nehmt doch das Kind mit nach Hause! Der Anwalt – ich hatte damals viel Glück – war damals über Beratung aus medizinisch-fachlicher Sicht – das konnte ich nicht beurteilen – bestens informiert, und ich wusste, dass in solch einem Fall akute Lebensgefahr drohte. Als Jurist wiederum wusste ich – daran sieht man, was sich in den letzten 20 Jahren in der Judikatur alles getan hat, auch bei Schadenersatz und so weiter –, dass im Falle des Todes, des Ablebens des Kindes mit keinem wie immer gearteten Schmerzensgeldanspruch, sonstigen Ersatz, vielleicht gerade noch Begräbniskosten, zu rechnen war.

Ich gab den Eltern daher den Rat: Okay, geht in das Krankenhaus und sagt den Ärzten: Wir nehmen das Kind nach Hause, wenn sie uns eine schriftliche Bestätigung geben, dass damit für das Leben des Kindes und dessen Wohlergehen keinerlei Gefahr verbunden ist!

Einige Tage später erschien in einer sehr bekannten Zeitung unter einer riesigen Headline ein Artikel. Die Headline – damit komme ich jetzt zu einem Thema, das wir heute schon einmal behandelt haben –, lautete: Entsetzlich! – Eltern wollen behindertes Kind nicht nach Hause nehmen! Und der nachfolgende Artikel gab den Eltern – das können Sie sich wohl vorstellen, meine Damen und Herren – den Rest.

Ich möchte an dieser Stelle an die diesbezügliche Debatte erinnern. Man kann über journalistische Freiheit, eine vernünftige Begrenzung und einen Anspruch darauf, dass über gewisse Dinge nicht berichtet wird, schon verschiedentlich diskutieren, da es auch verschiedene Fälle gibt.

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, mich nicht misszuverstehen. Ich möchte diese Geschichte keinesfalls als einen Angriff auf die Medizin oder gar die Medizinerinnen und Mediziner in unserem Lande verstanden wissen. Jeder von uns weiß, wie redlich sich Ärztinnen und Ärzte, mit wenigen Ausnahmen – schwarze Schafe gibt es immer, gibt es in jedem Beruf, und es passieren auch überall einmal Fehler –, um das Wohl der Patienten bemühen. Ich wollte nur aufzeigen, dass auch so etwas wie das, was ich Ihnen erzählt habe, passieren konnte, und wollte damit aufzeigen, dass wir mit jedem rechtlichen Schritt, mit dem wir das Verhältnis


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