Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 116

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Dieser Einfluss wird – ich sage Ihnen das auch hier von dieser Stelle aus – so weit gehen, dass Journalisten in Zukunft nicht mehr unabhängig sein werden, sondern dass sie in die Geiselhaft des Stiftungsrates (Bundesrat Mag. Himmer: Das weißt du!) und – um es jetzt überspitzt zu formulieren – in die Geiselhaft dieser Bundesregierung genommen werden. Denn alles, was den zukünftigen ORF betrifft, wird vom Stiftungsrat entschieden werden. Wenn in diesem Zusammenhang dann noch von der "journalistischen Freiheit" gesprochen wird, kann ich wieder nur sagen: Gute Nacht, ORF!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Summe werden im Stiftungsrat die Leute der ÖVP/FPÖ-Regierung sitzen, die ihre Vorstellungen, ihre Ideen und auch ihr Gesellschaftsbild dementsprechend im ORF hinüberbringen werden. (Bundesrätin Mag. Trunk: Dann werden halt die halben Leute ausschalten!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz, das – so nehme ich an – die Regierungsparteien heute hier beschließen werden, wird den ORF politisch abhängiger machen und wirtschaftlich gefährden. Dieses Gesetz ist ein weiterer Schritt hin zu einer Gefährdung der Unabhängigkeit des österreichischen Journalismus. Es garantiert einer 27-Prozent-Partei die 66-prozentige Mehrheit im Stiftungsrat und damit die 100-prozentige Einflussnahme! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach. )

15.43

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Klamt. – Bitte.

15.44

Bundesrat Ing. Gerd Klamt (Freiheitliche, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die drei Tagesordnungspunkte 15, 16 und 17 wurden lange und ausführlich in der Öffentlichkeit und jetzt auch hier in diesem Saal diskutiert.

Tatsache ist, dass in Österreich ein neues Medienzeitalter eingeläutet wird: Es wird offener, und es wird freier. Das Monopol des ORF wird der Vergangenheit angehören. Damit wird dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte aus dem Jahre 1993 endlich entsprochen.

Alle politischen Parteien versuchen, die Möglichkeiten des Rundfunks und Fernsehens auszuschöpfen. Dazu sind sie aus meiner Sicht im Sinne einer funktionierenden Demokratie auch verpflichtet. Die Unabhängigkeit und die Objektivität der Berichterstattung sollen und dürfen aber darunter nicht leiden. Es wird aber immer ein Spannungsfeld zwischen den Parteien und dem Rundfunk und Fernsehen geben, und es wird auch immer Interventionen geben.

Bereits im Jahre 1964 gab es ein großes Volksbegehren mit dem Ziel, die Einflussnahme der Parteien, die es auch damals schon gegeben hat, auf den Österreichischen Rundfunk zu reduzieren. Die Zeit nach diesem Volksbegehren, dem weitgehend entsprochen wurde, war für den ORF sehr erfolgreich. Es gab Informationen, viele Eigenproduktionen und großartige Kultur-, Sport- und Unterhaltungssendungen.

In der Ära Kreisky wurde die Einflussnahme der SPÖ auf den ORF systematisch und für die SPÖ sehr erfreulich vorangetrieben. (Bundesrat Manfred Gruber: Das war eher über Gerd Bacher!) Die SPÖ wird in die (Bundesrat Konecny: ... ist er zum Generalintendanten gewählt worden!) – da wir vom Sittenbild gesprochen haben – Geschichtsbücher Österreichs sicherlich als jene Partei eingehen, die die Möglichkeiten der Einflussnahme – meine Vorrednerin Kollegin Melitta Trunk hat von "Machtausübung" gesprochen; ich würde eher von einer Nutzung der Möglichkeiten der Einflussnahme sprechen – auf den ORF am besten und am perfektesten für ihre Zwecke zu nutzen wusste. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Mag. Trunk: Herr Bacher war "Befehlsempfänger" der SPÖ! Herr Weis war ein "Befehlsempfänger" der SPÖ! – Bundesrat Manfred Gruber: Der war Generalsekretär der SPÖ, der Gerd Bacher, oder?)

In jener Zeit wurde auch mit den Privilegien im ORF begonnen, die heute als Wildwuchs nicht übersehen werden können und entsprechend gestutzt werden müssen. Im Volksmund wurde


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