Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 118

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Dieses Gesetz ist zum Schaden des ORF. Es ist eine Verhöhnung der Öffentlichkeit, wenn da von Entpolitisierung gesprochen wird. Ich frage mich – und ich spreche dabei in Richtung der Freiheitlichen Partei –: Wann wachen Sie endlich auf? – Haider ist offensichtlich schon aufgewacht, aber die Frage ist: Wann wacht die Freiheitliche Partei auf?, denn das, was unter dem Schlagwort "Entpolitisierung" geschieht, ist letztlich nichts anderes als der große Farbentausch: die schwarze Machtübernahme im ORF – mit dem 18., wahrscheinlich auch noch dem 19. Stiftungsratsmandat.

Herr Himmer hat heute in einer APA-Aussendung geschrieben: "Opposition geht es bei ORF nur um Machtanspruch". (Heiterkeit der Bundesrätin Mag. Trunk. ) – Machtanspruch ist das, was Sie angesichts dieser Konstruktion sichtbar werden lassen, dieser Konstruktion des Stiftungsrates, dessen Entpolitisierung eine reine Schimäre ist! Das zeigt sich schon an dem, was Sie in das Gesetz geschrieben haben – ein Mitglied Ihrer Fraktion, ein ÖVP-Minister, hat gemeint, dieses Gesetz sei nicht mit einem Bleistift, sondern mit einem Baumstamm geschrieben, was diese Bestimmung betrifft –, nämlich dass keine geheimen Abstimmungen zugelassen sein werden! – Was bedeutet das: Man will die Stiftungsräte natürlich in ihrem Stimmverhalten kontrollieren! – Es hat nichts mit dem Aktiengesetz zu tun, wenn ich zum Beispiel in einer Geschäftsordnung die Bestimmung vorsehe, dass personelle Wahlen einer Geheimhaltung unterliegen. Das ist kein Widerspruch zum Aktiengesetz!

Ich habe mir bei all diesen Diskussionen immer gedacht: Wo ist eigentlich der Mentor dieses Gesetzes? – Andreas Khol war bei den meisten Verhandlungen nicht dabei. Irgendwie muss er wiederholt beichten gegangen sein. Was die große "Entpolitisierung" betrifft, so sagte erst zu Pfingsten Khol – der dann nicht mehr im Stiftungsrat sitzen wird, weil kein ÖVP-Politiker im Stiftungsrat sitzen wird; aber Khol weiß es! –: ORF-Weis hat gute Chancen auf Wiederwahl. – Westenthaler weiß es auch – er geht wahrscheinlich nicht beichten (Heiterkeit der Bundesrätin Schicker )  –, er meinte in "tv media": Weis hat noch eine Bewährungszeit.

Aber wie wissen Khol und Westenthaler, wer neuer Generaldirektor wird, wenn sie dort nicht drinnen sitzen und wenn es ein entpolitisiertes, nur nach fachlichen, sachlichen Gesichtspunkten zusammengesetztes Gremium ist?

Nein, meine Damen und Herren, die drittstärkste Partei im Nationalrat wird mehr als 50 Prozent der Stiftungsräte stellen, und sie wird auch die Mehrheit im Publikumsrat stellen. Das ist die große ORF-Reform auf politischer Seite. Man hatte nicht den Mut gehabt, den Stiftungsrat so zu verkleinern, wie er einem vergleichbaren Kapitalunternehmen mit 11 Milliarden Schilling Einnahmen entsprechen würde, nämlich auf ungefähr 15 bis 20 Mitglieder. Der nachfolgende Redner, Herr Dr. Maier, der aus der Wirtschaft kommt, wird mir das sicherlich bestätigen können – ohne dass das hier eine Polemik ist. (Rufe bei der SPÖ: Raiffeisen! Das ist ein Unterschied! Der ist Raiffeisen-General!)

Beim Zustandekommen dieses ORF-Gesetzes war einer der wesentlichen Gesichtspunkte auch das Motto: Platz schaffen für Privat-TV! – Aber es kann doch nicht Anspruch der Politik sein, sich um wirtschaftliche Grundlagen privater Unternehmen zu kümmern, sondern sie muss Ordnungskriterien schaffen – Ordnungskriterien, die ein privates TV zulassen.

Wenn ich an Sie appelliere, dass die eine oder andere Person aus unserer Mitte beim ORF-Gesetz doch ein anderes Stimmverhalten an den Tag legen möge, so sage ich heute: Ich werde anders stimmen als die Mehrheit der grünen Fraktion hinsichtlich des Privat-TV. Ich halte die Zulassung von Privat-TV und die Verabschiedung dieses Gesetzes für richtig (demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP) – ich hoffe, Sie haben meinen ersten Appell nicht überhört! –, auch wenn die Begleitmusik dazu nicht ideal ist und auch die sachlichen Fragen in diesem Zusammenhang nicht in idealer Weise und zum Teil falsch gelöst sind. Wären wir etwa um Medienvielfalt bemüht gewesen, so hätte man die dritte Frequenz nicht einer quasi internationalen Abspielkette mit sehr wenig österreichischem Anteil übergeben dürfen. Letztlich geben doch die Vorverhandlungen zwischen Schüssel und Kloiber – das pfeifen bereits die Spatzen vom Dach! – zu der Befürchtung Anlass, dass es da zu einer Farce-Ausschreibung kommen wird, was die Lizenz betrifft. Es wäre richtiger gewesen, diese dritte Lizenz zu digitali


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